1000 an der Ericusspitze
Ein Sch…-Blatt feiert seinen Umzug
Eine so hohe Prominentendichte hat die HafenCity selten gesehen und keiner musste lange gebeten werden um am Montag zur Eröffnungsfeier des SPIEGEL an der Ericusspitze zu kommen. Diejenigen, die es einrichten konnten und das Glück hatten eine der tausend Einladungen des „Sturmgeschützes der Demokratie“ zu erhalten waren da – und diejenigen, die es nicht geschafft hatten haben es verpasst – selbst schuld. Zwar fehlte die große Berliner-Politprominenz fast vollständig – die haben immer Moment aber auch etwas anderes zu tun als zu feiern. Gekommen war stattdessen einer, der glaubt seine Zeit ist jetzt gekommen: Peer Steinbrück, bisher nur selbsternannter Kanzlerkandidat der SPD, der im Moment mittels universeller Medienpräsenz versucht alle Zeichen für seine Kandidatur schon im Vorwege auf grün zu stellen. Das die Chancen dafür gut stehen bewies er in seiner launigen Grußrede zur Einweihung. Bürgermeister Olaf Scholz als Vorredner verblasste deutlich gegenüber der rhetorischen Präsenz von Steinbrück, der seine Rede mit den Worten „Dieses Scheißblatt“ begann, mit denen sich Willy Brandt 1974 in einer Kabinettssitzung über den SPIEGEL geärgert hatte, als dieser von einer Regierungsumbildung vor der Zeit Wind bekommen hatte.
Von Beginn an hatte er sein hochkarätiges Publikum im Griff und selbst Olaf Scholz konnte nur noch schelmisch mit dem Finger drohen, als es um Baukosten anderer – ungenannter – Projekte in Hamburg ging, er sich aber ansonsten wie der Rest der Gäste teils schenkelklopfend an der ausgefeilten Rede Steinbrücks erfreute. Mit ihm saßen in den wenigen, nur Ehrengästen vorbehaltenen Stuhlreihen, Mitglieder der Familie Augstein, des Spiegelgründers, der exakt neun Jahre vor der Feierlichkeit verstorben sei. Ihm zu Ehren sei der Termin gewählt worden so SPIEGEL-Geschäftsführer Ove Saffe in seiner Rede. Neben der Augstein-Familie auf den Plätzen: Klaus von Dohnanyi, Horst und Maria Ehmke, Peter Lohmeyer und Sarah Wiener, Peter Löscher und Gerhard Cromme – Vorstandsvorsitzender und Aufsichtsratvorsitzende der Siemens AG. Unmöglich alle anwesenden Prominenten aufzuzählen, deshalb nur eine kleine Auswahl: Ulrich Wickert, Tom Buhrow, Stefan Aust, Doris Schröder-Köpf, Barbara Kisseler, Hellmut Karasek und Hadi Teherani trieben sich auf der riesigen Fläche herum, die der Spiegel durch Zelte rund um das Gebäude ergänzt hatte.
Besonders beliebt: Die Snackbar in der fünften Etage, in der sich eine ganze Reihe von Barkeepern redlich darum bemühte die Gäste mit Cocktails zu versorgen. Zeitweise war der Andrang so groß, dass das Wachpersonal den Zugang zu den Fahrstühlen selbst Ove Saffe verwehrte – solange zumindest bis dieser dezent klar gemacht hatte, das er der hier der Hausherr sei und doch noch in den Fahrstuhl schlüpfen konnte. Auf allen freigegebenen Etagen und in den Zelten gaben mehrere Bands ihr Können zum Besten und es wurde bis in den frühen Morgen hinein getanzt.
„Das Herz des kritischen, unabhängigen und innovativen Journalismus schlägt weiterhin in Hamburg“ hatte sich Olaf Scholz in seiner Rede für Hamburg gefreut aber die SPIEGEL-Macher bewiesen, das wer ordentlich arbeitet auch ordentlich feiern können sollte – und dazu hatte SPIEGEL-Chefredakteur Georg Mascolo die Mitarbeiter des SPIEGEL explizit in seiner Rede aufgefordert. Es darf bezweifelt werden, das am Dienstag jede Nachricht mit der gewohnten Schnelligkeit beim Leser ankam – aber das aktuelle Heft war ja gerade fertig gestellt – denn Montag ist ja bekanntlich SPIEGEL-Tag. Ebenfalls Premiere hatte die einzige öffentlich zugängliche Einrichtung des SPIEGEL-Gebäudes: Ein Buchladen mit Postannahmestelle ist jetzt geöffnet.