Art and the City
Machen und weniger diskutieren!
Gleich vorweg genommen: Spannende Diskussionen sehen anders aus und fühlen sich auch anders an – und – wer nicht nur Kunst für Bildungseliten machen möchte, muss auch noch ein wenig handfester werden. Denn: Wer mit der Idee in das Kesselhaus zur Podiumsdiskussion gekommen war näheres über das Kunstfestival ArtandCity zu erfahren sah sich enttäuscht. „Neue Wege zur Kunst in der HafenCity“ lautete das Thema über das Kirsten Wagner von der Kulturstiftung, Niels Helle-Meyer, Rektor der HCU, Martin Köttering von der HfbK und Tobias Gloger vom Artblock und der Kunstkompanie HafenCity diskutieren sollten, geboten wurden aber nur die üblichen Allgemeinplätze und Vorurteile über die HafenCity, bei denen nur von Zeit zu Zeit eine vernünftige Vision zwischen Vorurteilen aus dem Elfenbeinturm durchblitzte.
Und genau um diese kleinen Perlen hätte die Diskussion aufgebaut werden müssen. „Man kann Kreativität nicht planen, man kann gute Kunst nicht planen“ sagte HCU-Rektor Niels Helle-Meyer an einer Stelle, und wurde ein paar Minuten später von HfbK-Präsident Martin Köttering bestärkt, der ebenfalls forderte „Zulassen – weniger planen!“ – genau diese Erkenntnis macht eine Diskussion um bildende Kunst eigentlich überflüssig und man möchte den Akteuren zurufen „Machen und weniger diskutieren!“
Niels Helle-Meyer wirkte dabei relativ gelassen, wohl auch in Erkenntnis dessen, dass, wie er messerscharf erkannte, seine 1.600 Studenten, wenn sie denn erst in der HafenCity angekommen sind, den Stadtteil schon auf den Kopf stellen werden – und das alles völlig ohne Planung. Natürlich ist Kritik an der HafenCity an ihrer Planungsprozesse auch angebracht, doch gerade in Sachen Kunst und Kultur gibt es, gerade wegen der starken Akteure in der HafenCity, eine ganze Reihe von Stadtteilen die weniger aufzuweisen haben und einen größeren Nachholbedarf haben. Nur weil die HafenCity in der Stadtmitte und im Zentrum der Aufmerksamkeit liegt, heißt es noch lange nicht alle Mittel hier zu konzentrieren. Die HafenCity kann selbstbewusst eigene Kräfte ausschöpfen und Tobias Gloger mit der Kunstkompanie HafenCity liefert ja selbst das beste Beispiel dafür was engagierte Bürger zu Wege bringen.
Dabei zeigt sich dem, der hinter die Kulissen blickt, dass auch Hamburgs Kulturschaffende sich in einer Art Goldrausch wegen der HafenCity befinden. Tausend Projekte und Ideen rund um Kunst und Kultur drängen, beflügelt durch die Fantasie der Machenden in die frisch bebauten Orte. Viele wissen, mehr noch ahnen voneinander, doch vielerorts richten sich die Ideen auf gleiche Orte. Ein richtiggehender Verdrängungswettbewerb um die besten Positionen hat eingesetzt. Da konkurrieren Kulturschiffe um die besten Liegeplätze, Galerie- und Kulturkonzepte um Plätze in den Böden der Speicherstadt, ganze Quartiere werden durch konkurrierende Konzepte von offizieller, halboffizieller und privater Seite beplant. Das dabei nicht immer das Beste, sondern unter Umständen das Konzept derjenigen gewinnt, die die größte Hartnäckigkeit, die beste Vernetzung oder einfach das meiste Geld haben ist eine zwangsläufige Folge. Und hier muss die Planung ansetzen. Eine zentrale niedrigschwellige Anlaufstelle für alle Kunst- und Kulturschaffenden, bei der man einfach feststellen kann, ob es noch Konkurrenten mit identischem Konzept gibt, die unter den richtigen Vorzeichen zu Mitstreitern werden und so vielleicht schwächelnde Projekte erst auf die richtigen Füße gestellt werden. Ein Kulturbüro, das als erste Anlaufstelle für jeden in der HafenCity und Altstadt Interessen fokussieren kann.
Das ArtandCity-Festival vom 2.-10.Oktober muss sich dabei um mehr Trennschärfe und konkrete Ansätze bemühen, um nicht im Übermaß der Veranstaltungen in der HafenCity unterzugehen. Meistens ist weniger mehr und bewirkt dauerhafte Erinnerungen in den Köpfen der Macher. Die „schwebenden Archive“ von Jens J. Meyer, Kathrin Bethge und Rolf Kellner und Jörg Plickats „Dialektik und Metamorphosis“ im Grasbrookhafen initiiert durch die Kunstkompanie haben Menschen bewegt und polarisiert und zwar trotz intellektuellen Hintergrundkonzepten, und nicht wegen.
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