Über 120 Jahre Amphitrite
Die Göttin des Hafengeburtstages im Sandtorhafen
Wer während des Hafengeburtstages auf den Pontons des Traditionsschiffhafens spazieren ging, hatte bei der Wahl seiner Favoritin die große Auswahl: Über 30 Schiffe von alt bis hypermodern lagen im Hafen. Eindeutige Favoritin nicht nur bei Kennern war aber nur ein Schiff: Die Amphitrite des Vereins Clipper Deutsches Jugendwerk zur See e.V. aus Hamburg. Auch wenn Bremen am Spiegel der über 120 Jahre alten Rennyacht steht, Heimathafen ist Hamburg. Zusammen mit drei anderen Segelschiffen bildet sie das Rückgrat der Jugendarbeit des Vereines. Seit 1887 ist das Schiff auf allen Meeren dieser Erde unterwegs, 22 Eigner nutzten das Schiff jeweils nach ihren Vorstellungen, bevor der Verein das Schiff 1975 übernahm. Kenner lieben das Schiff, weil es während all dieser Jahre seit seiner Kiellegung weitestgehend in Originalkonstruktion erhalten geblieben ist. Und – keine Mängel überdeckende weiße Farbe hüllt das Schiff in eine schützende Schicht, Klarlack macht die Beplankung aus 8,5 Zentimeter dicken Teakplanken sichtbar. Die Teakplanken sind wahrscheinlich auch Teil des Geheimnisses wie das Schiff weitgehend unbeschadet durch die Jahrhunderte gekommen ist.
Gebaut als Rennyacht vom englischen Oberstleutnant MacGregor, ging die Amphitrite während ihrer ersten Jahre durch viele Hände. Auf vielen Rennen ihrer Zeit war die Yacht im Einsatz, die größten Erfolge erzielte die Yacht auf der Cowes Week und den Rennen vor Dover. Nach 1900 änderte sich der Charakter des Schiffes und der Renngedanke machte Luxus Platz. Motoren wurden eingebaut, elektrisches Licht erhellte die in Teak und Grün gehaltenen Räume und Salons.
Tiefpunkt der Karriere war der Einsatz während des zweiten Weltkrieges. Als Trägerschiff für eine Ballonsperre gegen deutsche Tiefflieger in der Bucht von Plymouth war sie ihres Rigg beraubt worden. Nach dem Krieg sorgte ein britischer Oberst für die standesgemäße Rekonstruktion des Schiffes und nutzte es zunächst als Wohnboot. Bevor es mit wieder aufgebautem Rigg nach und nach tatsächlich als Charterschiff eingeführt wurde vergingen noch Jahre. Glamouröses Intermezzo war der Einsatz der Amphitrite als Filmschiff einer Berliner Filmfirma, luxuriös ausgebaut mit Geschirrspüler und Stromgeneratoren für die Filmscheinwerfer. Gedreht wurde unter anderem die „Abenteuer des Grafen Luckner“ auf der damals schon 90-jährigen Lady. Aus dem Filmschiff wurde nach einer Havarie dann die heutige Amphitrite des Clipper DJS. Vom damaligen Luxus ist nicht viel übriggeblieben. Zur Finanzierung der Havarie-Reparatur wurden alle Luxusausrüstungsgegenstände, darunter goldene Wasserhähne, verkauft.
Heute ist das Schiff vorwiegend auf der Ostsee unterwegs. In den 29 Kojen sollen Jugendliche traditionelle Seemannschaft und Teamgeist lernen, doch auch Erwachsene können mitsegeln. Einzige Voraussetzung: Sie müssen Mitglieder im Verein Clipper DJS sein. Die Jahresmitgliedschaft kostet für Jugendliche bis zum vollendeten 27.Lebensjahr 30 Euro und für Erwachsene 90 Euro. Bei Lastschrift wird es etwas günstiger. Diesen Sommer starten die meisten Törns ab Flensburg. Für einen Törn muss man als Erwachsener für sieben Tage mit knapp unter 500 Euro rechnen, für Jugendliche geht es um die 300 Euro auf diese klassische Schönheit. Abseits davon benötigen natürlich alle Traditionsschiffe Unterstützung: Meist hilft die einfache Mitgliedschaft, aber auch Firma können durch Sponsoring Imagearbeit für sich selbst leisten und zum Erhalt der Schiffe beitragen. Gerade für Firmen in der HafenCity sollte es selbstverständlich sein, zu den Förderern der schönen und alten Schiffe zu gehören.