Geht nicht? Gibt’s nicht!

Das siegreiche Team von Boot 2 vor dem Rennen
Das siegreiche Team von Boot 2 vor dem Rennen
In der Umkleidekabine mit Prinz Poldi

Segeln auf der Elbe? Im Hafen? Vor der HafenCity? Ja, schon ab und an mal gesehen, sah aber nicht so aus als würde das viel Spaß machen. Das Revier zwischen Landungsbrücken und Elbbrücken ist nicht wirklich als Segelrevier berühmt. Manchmal sieht man Traditionsschiffe behäbig unter Segeln am Steinweg-Terminal vorbeiziehen, häufig vom Motor unterstützt – das Hafengebiet ist halt nicht ganz ungefährlich und Segelboote eher Fremdkörper auf diesem Teil der Elbe. So und so ähnlich lautet die Meinung vieler Segler, so auch meine. Trotzdem bin ich natürlich sofort dabei, als am Vortag der Charity-Regatta des BMW-Sailingcups das Angebot kommt, auf einem der Boote zusammen mit Prominenten und Segelprofis für einen guten Zweck zu segeln. Dabei spielt für meine Entscheidung weniger der Promifaktor eine Rolle, als das angekündigte Traumwetter für den Auftakt – und meine Neugier darauf, wie es sich vor der HafenCity segeln lässt. Durch lange Jahre mit einem Hobie-Katamaran an der Nordseeküste glaubte ich mich vorbereitet auf das was mir bevorstand.

Ideales Wetter und Bedingungen für den BMW-Sailingcup
Ideales Wetter und Bedingungen für den BMW-Sailingcup
Am Tag darauf fand ich Mittags zum Einkleiden im Kreuzfahrtterminal ein. Mit mir in der Umkleidekabine: Eine Reihe von Herren unterschiedlichen Alters von denen zumindest einer mir leidlich bekannt vorkam. Thorsten Nindel – Schauspieler und mir aus wenigen irgendwann mal genossenen Folgen Lindenstrasse als „Zorro“ in Erinnerung. Alle sind in der Kabine umkompliziert beim „Du“ – das ist unter Promis und unter Seglern eben so. Welches von beiden gerade im Einsatz ist – schwer zu sagen, meine Kenntnisse sind stark eingeschränkt was die Yellow Press angeht.

 

Auf der Kante sitzen und Schräglage sind nciht jedermanns Sache
Auf der Kante sitzen und Schräglage sind nciht jedermanns Sache
Später beim Fototermin kann man besser erkennen wer wichtig ist. Zum Beispiel entpuppt sich der gut erhaltene Mittsechziger, dem ich kurz vorher mein zweites Paar Schuhe leihen wollte weil er keine Segelschuhe dabei hatte und dem alle Komplimente über seine gut sichtbaren Sixpacks gemacht haben, als Leopold Prinz von Bayern, genannt „Poldi“.  Die Mannschaft des Bootes mit der Nummer 2 entpuppt sich glücklicherweise als mit weniger Stolperfallen versehen. Die Mitsegler wirken eher nicht berühmt, als unkompliziert, das Team Nord und das Team Moderation sind aus Seglern zweier inkompletter Boote zusammengewürfelt.

Die Gennaker im Einsatz vor der HafenCity-Kulisse (Foto: TH)
Die Gennaker im Einsatz vor der HafenCity-Kulisse (Foto: TH)
Dabei hat es auch diese Mannschaft in sich: Steuerfrau Ulrike Schümann, genannt Ulli, und zwei Mitsegler Niko Mittelmeier und Philipp Buhl sind die versammelte Kompetenz in Sachen Segelsport und das hat später noch Auswirkungen. Ulli, Olympiavierte in Peking und dreimalige Vizeweltmeisterin, Niko dreimaliger Deutscher Meister im Tornado, und Philipp ebenfalls Deutscher Meister – im Laser, zeigen Kai Wehl, Journalistenkollege und mir wie der Hase bei einer Regatta läuft. Und da muss man als Fahrtensegler – und erst recht als Nichtsegler – eine Menge lernen, um die Finesse und den Spaß einer Segelregatta zu erfassen. Eine Fülle von Regeln erfordern von Steuerleuten und Crew viel Taktik und Überblick, die für den Zuschauer nur durch umfassende Erklärungen zu verstehen sind.

Ohne Regelkenntnisse nur halb so spannend
Ohne Regelkenntnisse nur halb so spannend
Es geht los beim Start. Da die Boote bei Wind und Strömung nicht einfach angehalten werden können gibt es einen fliegenden Start. Zu einer bestimmten Zeit darf über die Startlinie gefahren werden, wer zu früh darüber fährt, muss eine Ehrenrunde drehen, wer zu spät über die Linie fährt, den bestraft das Leben. Also warten alle Boote auf das Einholen der Flagge „P“ und das Tuten – heißt: noch eine Minute bis zum Start. Jetzt wird manövriert und gedrängelt, jeder möchte die verbleibende Minute nutzen um möglichst zeitgenau über die Linie zu segeln. In jedem Team hat jemand die Protestflagge bereit, für den Fall das er von einem anderen Boot behindert wird. Ein Mann an Bord hat seine Uhr im Blick – wichtigstes Utensil um gut in der Zeit loszulegen.

Die zweiten - das Team Schauspiel(Foto: TH)
Die zweiten - das Team Schauspiel(Foto: TH)
Ich habe meine Uhr natürlich in der Umkleidekabine gelassen und bin für die Bedienung des Gennakerbaumes, einer Art ausfahrbarem langem Bugspriet, eingeteilt – und natürlich als beweglicher Ballast. Der erste Kurs geht gegen den Wind Richtung Elbbrücken. Das heißt kreuzen und ordentlich turnen. Immer wenn das Boot den Bug wechselt muss die Mannschaft sich auf die andere Kante setzen und wenn der Wind ausreichend ist die Füße über Bord baumeln lassen. Mehr ist nicht erlaubt, der Oberkörper darf nicht über die Bordwand kommen. Da alle Boote identisch sind kommt es auf die Präzision der Manöver an und auf das Geschick des Steuermanns – in unserem Fall Steuerfrau – die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Die Sieger - Philipp Buhl, Niko Mittelmeier, Ulrike Schümann, Kai Wehl und Michael Klessmann (Foto: BMW)
Die Sieger - Philipp Buhl, Niko Mittelmeier, Ulrike Schümann, Kai Wehl und Michael Klessmann (Foto: BMW)
Um es nicht zu einfach zu machen gibt es jetzt im Segelsport die unterschiedlichsten Ausweichregeln, die die Boote für sich zu nutzen versuchen. Dabei geht es zwar auch um rechts vor links wie im Straßenverkehr, bestimmend ist dabei aber die Windrichtung, was das Segeln zu einer Art Schach werden lässt. An der Luvtonne kommt das erste Mal der Gennaker ins Spiel, ein großes Segel für Raumschotskurse. Dessen Einsatz erfordert das ganze Können der Crew. Der Rüssel muss ausgefahren und das Segel aus der kleinen Kabine des Schiffes am Mast unfallfrei hochgezogen werden. Das Boot bei dem das reibungslos klappt hat die besten Chancen im Rennen.

Alle Teilnahmer am Charity-Rennen (Foto: BMW)
Alle Teilnahmer am Charity-Rennen (Foto: BMW)
In allen Situation merkt man, dass man mit Profis an Bord ist. Auch wenn alle drei eigentlich andere Bootsklassen fahren wissen sie worauf es ankommt. Und auch wenn es ein Charity-Rennen ist – auch auf den anderen Booten sitzen Profis und es geht allen um den Sieg. Drei Bahnen und drei Rennen sind zu absolvieren – spätestens nach dem ersten Rennen ist allen klar das Segeln hier echter Sport ist. Auch den Prominenten auf den anderen Booten wird das nun klar. Kati Witt bekommt zweimal den Mastbaum an den Kopf – dieses Schicksal teile ich mit ihr, Elmar Gehlen geht einmal bei Schräglage fast komplett über Bord – seine Crew holt ihn aber ohne anzuhalten wieder rein, auf Anweisung ihrer Profisteuerfrau – abgebrüht und ebenfalls auf den Sieg bedacht. Am Ende spüren alle ihre Knochen, fast drei Stunden auf der Elbe hinterlassen Spuren. Thorsten Nindel fasst es für alle zusammen: „Ich dachte das wird hier eine Lustpartie, aber das ist ja echter Sport!“ – dem wäre fast nichts mehr hinzuzufügen – außer natürlich noch der Platzierung. Mit zwei Siegen und einem zweiten Platz wurde das gemischte Team Nord und Moderation mit zwei Hamburger Journalisten und drei Profis souverän Erster – vor dem Team Schauspiel mit Elmar Gehlen und Thorsten Nindel an Bord.

Auf dem Weg zur Luvtonne kurz nach dem Start
Auf dem Weg zur Luvtonne kurz nach dem Start
Dafür taten die Hamburger am wenigsten für den karitativen Zweck des Rennens – da sorgten die „schlechten“ Boote mit Minuspunkten für die Spenden an die Childhood Foundation von Königin Silvia von Schweden. Immerhin 10.000 Euro für die Rechte von Kindern kamen zusammen – und eine wichtige Erkenntnis: Mit Booten wie den gutmütig-rasanten J80 kann man auch im Hafen segeln – wo bleibt der Yachthafen und der HafenCity-Yachtclub?

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