Brücken und kein Ende
Noch mal Pech am Brooktorhafen
Erst platzt die Léon-Brücke, dann klappt es nicht mit dem Ausheben der Ericusbrücke. Währen die Léonbrücke inzwischen repariert an ihrem vorgesehen Platz ist, sperrt sich die Ericusbrücke gegen ihre Renovierung. Wie eine kleine Diva krallt sich die einmalige Brücke gegen den 800 Tonnen Kran. Mit allem hatten die Ingenieure gerechnet, nur nicht damit, dass der Kran die rund 100 Tonnen schwere Stahlkonstruktion nicht heben kann. Da keine Konstruktionsunterlagen der über 140 Jahre alten Brücke mehr vorhanden sind, können die Planer nur raten. Entweder ist die Gesamtkonstruktion schwerer als berechnet, oder der gusseiserne Konus auf dem die Brücke dreht, ist gekontert oder an noch unbekannter Stelle mit der Unterkonstruktion verbunden.
Da die Brücke unter Denkmalschutz steht, müssen die Arbeiten vorsichtig ausgeführt werden, um die 1870 gebaute Brücke nicht zu zerstören. Die Ericusbrücke gehört zu den ältesten Drehbrücken Deutschlands. Als sie gebaut wurde, sollte sie als kombinierte Eisenbahn- und Straßenbrücke die Innenstadt mit dem Hannoverschen Bahnhof verbinden. Die genietete, mit zwei Stützrädern versehene Stahlbrücke ruht auf einem Mittelpfeiler aus Sandstein. Als Besonderheit hat die Ericusbrücke zwei unterschiedlich lange Arme aufzuweisen. Der Nordarm misst einen Radius von nur 17,7 m, der Südarm hat eine Länge von 18,04 m. Die Breite der Brücke beträgt 8,90 m. Wie zu jener Zeit üblich, führte man auch diese Brücke beweglich aus, um den zu jener Zeit noch wesentlich intensiveren Binnenschiffsverkehr, besonders für die hier eintreffenden, für den Wochenmarkt mit Obst- und Gemüse beladenen Schiffe, nicht zu sehr zu behindern.
Um 1870 herum besaß Hamburg noch keinen Hauptbahnhof sondern eine ganze Reihe auf bestimmte Städte spezialisierte Bahnhöfe die von jeweils eigenständigen Gesellschaften betrieben wurden. Allein auf dem Areal der heutigen HafenCity gab es ein gigantisches Gewirr von Schienensträngen und Brücken, die mit den verschiedenen Bahnhöfen in unmittelbarer Nachbarschaft Verbindung hielten. Da alle Strecken keinen Raum für Hochbrücken hatten, waren die Überquerungen der Hafenbecken mit Drehbrücken ähnlich der Ericusbrücke gelöst. Eine Schwesterkonstruktion auf Höhe des heutigen Maritimen Museums führte über den Magdeburger Hafen, und später, als die Pfeilerbahn gebaut wurde, kam die Oberhafenbrücke als doppelstöckige Konstruktion und Drehbrücke hinzu. Im Zuge der Umstrukturierung des gesamten Schienenverkehrs rund um die Hamburger Innenstadt verlor die Ericusbrücke ihre Bedeutung und war ab 1908 nur noch als Straßenbrücke in Benutzung. Kurz nach dem zweiten Weltkrieg wurde dann auch noch der Drehmechanismus festgesetzt und in diesem Zustand finden sie heute die Ingenieure vor.