Ausnahmezustand Hafengeburtstag
Freud und Leid in der HafenCity
Die drei tollen Tagen in der HafenCity sind vorbei und es hat sich bewahrheitet, was sich schon in den vergangenen Jahren abzeichnete: Was dem Kölner sein Karneval ist der HafenCity der Hafengeburtstag. Wagten sich in den ersten Jahren der Teilnahme der HafenCity die Massen nur zögerlich an den Dalmannkai und Strandkai, strömten dieses Jahr die Besucher in Massen durch die Promenaden. Ein guter Anteil der 1,5 Millionen Besucher des Hafengeburtstages machte auch einen Abstecher zur Queen Mary und zum Traditionsschiffhafen im Sandtorhafen, zur Freude der Gastronomen und zum Leid manches Anwohners. Verantwortlich für den Besucherrekord war aber nicht nur das ausgezeichnete Wetter, das manch einen Sonnenbrand produzierte, sondern auch die Masse an Attraktionen die den Besucher jetzt auch in der HafenCity erwartete.
Um sich nichts vorzumachen: Ein großer Teil der Besucher am Sonntag hatte nur ein Ziel. Die Queen Mary 2 war am Chicagokai Attraktion Nummer 1. Zu bildgewaltig und beherrschend war das riesige Kreuzfahrtschiff. Inzwischen eine Bank sind die Pontons des Sandtorhafens, hier herrschte während der gesamten drei Tage durchgängig hoher Besucherverkehr. Die Traditionssegler boten wie jedes Jahr ein schönes Bild und die Besucher schlenderten gerne so nah am Wasser entlang von Masten und bunten Wimpeln und erholten sich von der Enge der Landungsbrücken. Neuer und sofort angenommener Ort war der neue Fähranleger an der Elbphilharmonie.
Hier starteten viele Touren mit Segelschiffen durch den Hafengeburtstag, abends lagen die Segler in Päckchen am Anleger und sorgten für einen Vorgeschmack darauf, wie es sein könnte wenn der Grasbrookhafen keine Marina sondern ein weiterer Hafen für fahrende Segelschiffe und Traditionsschiffe werden würde. Dabei kamen überwiegend holländische Schiffe in den Genuss barrierefreien Zugangs, der Dalmannkai hatte besonders abends einen hohen Anteil an holländischen Gästen, wenn die Besatzungen der Schiffe ihrerseits Pause machten. Was des einen Freud ist des anderen Leid: Die große Zahl holländischer Segelschiffe war ein nicht geringer Anteil an der Faszination die dieser Hafengeburtstag ausübte, der stetige Wind aus Ost ließ so manche Vorbeifahrt mit Segeln an den Landungsbrücken zu.
Doch meist wehten in den Toppen der Masten die drei Kreuze Amsterdams, die einen fast den Eindruck bekommen ließen, dass der Geburtstag weiter südlich an der Nordsee stattfinden würde. Doch den gewöhnlichen Besucher störte dieser Aspekt nicht, nur die deutschen Traditionssegler mussten mit dieser mächtigen Konkurrenz bei den Charterfahrten zurecht kommen. Bis zu den Elbbrücken reichten die Liegeplätze der Holländer, ein ungewohntes Bild, statt den Forschungsschiffen dicken Päckchen von Segelschiffen unterhalb der Freihafenelbbrücke vorzufinden. Ein weiteres schon bekanntes Phänomen waren die Bewegungsprofile der Besucherströme. Herrschte an der einen Stelle dichtes Treiben, lag die HafenCity keine zehn Meter weiter in Stille und freien Strassen. Wieder einmal waren der Baumwall und die Kibbelstegbrücke beziehungsweise der Grosse Grasbrook der große Favorit bei den Besucherbewegungen.
Abseits davon und von den Promenaden herrschte teilweise gespenstische Ruhe. Wie Ameisenstrassen verliefen die Wege der Besucher, die Dalmannkaipromenade platzte aus allen Nähten. Rechts und links davon fand man noch vagabundierende Autofahrer auf der Suche nach freien Parkplätzen, doch selbst in der Tiefgarage unter dem Überseequartier gab es nie Probleme einen Parkplatz zu bekommen. Interessanterweise war der Umsatz der Geschäftsleute am Samstag besser als am besucherstärkeren Sonntag, ein Grund könnte hierfür die Anwesenheit der Queen Mary am Sonntag sein. Während am Samstag die Besucher bewusst in die HafenCity kamen um die maritime Atmosphäre und relative Ruhe zu genießen, war am Sonntag die Queen monothematisches Ziel vieler Besucher: Hin und schnell wieder weg hin zum eigentlichen Rummel. Eine interessante Aufgabe für die Planer zukünftiger Events, wie man hier eine großflächigere Verteilung der Besucherströme hinbekommt, um auch die Geschäfte und Gastronomie abseits der Ameisenstrassen vom Event profitieren zu lassen. Am Sonntagabend kehrte jedenfalls wieder Ruhe in die HafenCity ein, einzig die Besatzung des vom Kreuzfahrtterminal Altona in die HafenCity umgeparkte Mein Schiff 2 vagabundierte noch mit großen Augen durch Hamburgs neuestem Stadtteil. „Wo geht es denn hier zum Hafengeburtstag?“ war dann zu hören, da war es aber leider schon zu spät für dieses Jahr – aber der 823. Hafengeburtstag kommt bestimmt.