Aus Hamburg wird jetzt Humbug
Lustiges Namensändern von Straßen, Orten und Plätzen
Es klingt wie ein Aprilscherz, kommt dafür aber rund einen Monat zu spät und ist leider bitterer Ernst. Um es gleich vorwegzuschicken: Die Person um die es gleich geht, hat es natürlich unbestritten verdient, das ein Ort nach ihr benannt wird – dass es aber gerade diese Brücke ist, wird weder der Stadt noch dem indische Politiker gerecht. Der Ort, um den es hier geht, ist die Sandtorhafenklappbrücke, bei dem Politiker handelt es sich um Mahatma Gandhi. Manch einer wäre froh, wenn sich die Brücke, um die sich in Vergangenheit und Zukunft manche Problemdiskussion drehen wird in Luft auflösen würde, ob man das Problem aber durch Umbenennung lösen kann ist doch wirklich zweifelhaft. Aus dem amtlichen Anzeiger:
Der Senat hat am 16. Mai 2011 die nachstehend beschriebenen Verkehrsflächen wie folgt benannt:
im Bezirk Hamburg-Mitte Stadtteil HafenCity – Ortsteil 103 – die etwa 80 m lange, von der Straße Am Kaiserkai – in Höhe des nach Norden schwenkenden Westteils der Straße – nach Norden über den Sandtorhafen führende und in die Straße Am Sandtorkai – südlich des Kreisverkehrs – einmündende, bisher inoffiziell als sogenannte „Sandtorhafenklappbrücke“ bezeichnete, seit langem vorhandene Brücke als Mahatma-Gandhi-Brücke.
Sofort kommen dem fleißigen Zeitungsleser die Bilder eines ehemaligen Kultursenators vor Augen, der noch als eine seiner letzten Taten der HafenCity einen Dar-es-Salam-Platz und eine León-Brücke bescherte und man fragt sich unwillkürlich, welche Namensgebungen da noch in den Kommissionen schlummern, doch diesmal ging die Initiative nicht vom Kulturressort aus. Auslöser der Umbenennung der Sandtorhafenklappbrücke ist diesmal die Mahatma-Gandhi-Gedenkinitiative unterstützt durch den SPD-Politiker Hansjörg Schmidt, die schon seit 2008 auf der Suche nach einem geeigneten Objekt für eine Namenspatenschaft ist. Von der Webseite des Politkers: „Die Mahatma-Gandhi-Gedenkinitiative hat sich mit der Bitte um Benennung einer Brücke oder Straße nach dem Menschenrechtler, Friedensnobelpreisträger und geistigem Führer der indischen Unabhängigskeitsbewegung an das Hamburgische Staatsarchiv gewandt. Da der Bezirk Hamburg-Mitte ein brückenreicher Bezirk ist, hat das Staatsarchiv diese Anfrage nun an uns weitergeben. Mahatma Gandhi ist in seiner Bedeutung sicherlich ist mit seiner Bedeutung sicherlich mit unserer Kennedybrücke oder dem Dag-Hammarskjöld-Platz vergleichbar. Es sind Personen von weltweiter Bedeutung, bei denen die Frage nach dem Hamburg-Bezug zurücktritt. Ich bin auch der Meinung, dass es schön wäre, wenn im Herzen der Stadt die Erinnerung an diesen aussergewöhnlichen Menschen festgehalten wird. Benennungen von bestehenden Verkehrsflächen sind aber immer schwierig, da auch immer Anlieger betroffen sind. Ich erinnere hier an das lange Gezerre um die Benennung einer Straße nach Willy Brandt.“
Bei dieser Suche ist der Bezirk Mitte jetzt bei der Sandtorhafenklappbrücke fündig geworden. Die dabei sicherlich stattgefundene Diskussion könnte aber tatsächlich schlüssige Argumente hervorgebracht haben, die tatsächlich für die Brücke neben der Elbphilharmonie sprechen: Immer dann, wenn die Brücke geöffnet ist, können sich wartende Passanten in den Tugenden des indischen Denkers üben: Vor der Brücke geduldig warten, im Schneidersitz gemeinsam meditierend – oder zivilen Ungehorsam üben um eine Brückenöffnung genau zu diesem Moment zu verhindern: Sitzstreik auf der Brücke mit anschließender polizeilicher Räumung der Brücke. Bei der derzeitigen Umbenennungsrate in der HafenCity kann sich dabei keiner mehr sicher sein, ob er nicht morgen statt auf dem Dalmannkai auf dem Ho-Chi-Min-Kai wohnt, oder der Strandkai vielleicht in Barrack-Obama-Kai umbenannt wird. Einzig die Taxi-Fahrer werden es in Zukunft einfacher haben: Immer dann wenn sie vom Fahrgast eine höchst seltsam benannte Strasse als Fahrtziel genannt bekommen, können sie sicher sein, das sie in die HafenCity müssen. Als praktische Lehre sollte die Beteiligten an diesen Namensgebungsprozessen zukünftig vielleicht nicht nur auf das Staatsarchiv verlassen sondern auch lokale Stellen mit einbeziehen.