Gefunden vom Schlossherrn
Christians Beifang
Früher war alles besser? Wenn ich mir vorstelle, meine Zahnpasta wie Schuhcreme aus der Dose auf die Bürste zu wischen, dann bezweifle ich diese Aussage – schon aus hygienischen Gründen. Kann man sich ja heute kaum vorstellen, aber ein Spaziergang über die Baustelle hinter der Katharinenkirche lehrte mich, dass vor über einem Jahrhundert die Menschen –Zahnpastatuben gab es damals noch nicht – genau dies taten; zumindest diejenigen, die damals überhaupt so etwas wie eine Zahnbürste kannten. Und wer würde heute auf die Idee kommen, sich mit tesa die Zähne putzten- früher war alles anders!
Wo zur Zeit ein weiterer Büroklotz vor die Nordfassade der Katharinenkirche gesetzt wird, zwischen Gröninger Strasse und Grimm, der ältesten verzeichneten Strasse Hamburgs, begab ich mich auf die Suche nach Überresten der Hammaburg, dem Atlantis unserer Hansestadt. Ich war mir sicher, dass aus zweierlei Gründen an diesem wohl ältesten offiziell verzeichneten Stadtgebiet die größten Chancen bestanden, alte Wikingerschätze zu Tage zu fördern.
Zum einen wurde dieses Flurstück nach dem Krieg sehr zügig zugeschüttet, um an dieser Stelle eine Grundschule zu errichten und zum anderen war unmittelbar nach dem Krieg kaum Geld für eine ausführlichen archeologischen Suche verfügbar. Hinzu kommt, dass die Grundschule kaum unterkellert war. Es mussten also noch reichlich Fundstücke aus der Frühzeit Hamburgs bis ins Mittelalter vorhanden sein. Und damit meine ich nicht die sicherlich zahlreichen Beigaben der Gräber, die sich rund um die Katharinenkirche befanden. Denn auch bei der Renovierung der Kirche selbst, die bald abgeschlossen sein wird, fanden sich jetzt zahlreiche, teils herausragende Fundstücke wieder.
Es galt jedoch zunächst einmal, die Suche des Helms-Museums abzuwarten, um nicht als „Grabräuber“ ins Visier der Staatsanwaltschaft zu geraten. Doch zu meiner Verwunderung beschränkten sich die Arbeiten der Kulturbehörde auf wenige ca. 80 qm!!! Später klärte mich die Kultursenatorin dann auf, dass dort nichts war. Das hat mich dann sehr beruhigt! Stimmte ja auch irgendwie, denn die denkmalgeschützte Grundschule hatte man ja vorher schon abgerissen, nachdem man sie jahrelang verkommen ließ.
Die Suche gestaltete sich dann auch relativ kurzweilig, weil neue Bauweisen eine Suche dergestalt unmöglich machen, dass heutzutage nicht mehr die Tiefgeragen ausgehoben werden wie früher, sondern erst Stützpfeiler versenkt werden und der dabei zutage geförderte Aushub direkt geschreddert wird. Eigentlich wurde alles direkt geschreddert, was von den Baggerschaufeln einmal angehoben wurde… Folglich hatte ich die Hoffnung fast aufgegeben, als mich ein altes Emailleschild plötzlich aus de Schlamm anlachte. Es war schon ziemlich zerschlissen. Dennoch prangte, sehr gut leserlich das Wort Pebeco darauf und sofort wollte ich wissen, was es damit auf sich hatte. Dazu muß ich noch beifügen, dass in unmittelbarer Nähe zu dem Schild, in einem ehemaligen Keller – das Kellerfenster war noch gut in der Erde zu erkennen – ein Regal gestanden haben muß, in dem fein säuberlich hunderte von kleinen Döschen lagerten, aus denen eine weiße, kristalline Masse quoll. Diese mit bloßen Händen anzufassen, habe ich mich an dieser Stelle nicht getraut, denn wer weiß schon, zu welchen chemischen Arbeiten man den Schatten der Katharinenkirche im zweiten Weltkrieg alles missbraucht haben könnte! Auf den Döschen war ebenfalls der Name Pebeco und Hamburg zu lesen. Zurück im Fleetschlösschen bekam ich, Wikipedia sei Dank, schnell eine Antwort auf die Frage, was Pebeco war. Es handelte sich um nicht weniger als die Firma, die seinerzeit die Zahnpastatube in Hamburg erfand!
Für mich ein Stück Wirtschaftsgeschichte und weiterer Ansporn, durch das Bildarchiv Hamburgs zu stöbern, um vielleicht eine Aufnahme zu finden mit dem unversehrten Emailleschild an eben dieser Hauswand, hinter der Hamburger ein heute für jedermann greifbares Stück Wirtschaftsgeschichte geschrieben haben.
Es gibt eben doch immer etwas zu finden, man muß es nur suchen und entsprechend würdigen!
Und der Abriß der einen Schule bedeutet den Neubau der anderen. Aber dazu und was gute Lehrer zu leisten im Stande sind mehr in der nächsten Ausgabe der Hafencity Zeitung.