Julian Greis erhält den Boy-Gobert-Preis 2012
Festlicher erster Advent im Thalia Theater
Nur ein kurzer Moment, der das Publikum verstört: der rotgelockte Jung-Schauspieler Julian Greis reißt sich seinen vermeintlich echten Lockenschopf vom Kopf, darunter ist er kahlgeschoren. Er zieht sich langsam aus, bis er im langen weißen Hemd auf der Bühne des Thalia Theaters steht. Dann spielt er eine Szene aus „Atropa“. Kurz zuvor war er noch der schüchterne Junge, der, im türkis-lilafarbenen Pullover, brauner Kordhose und mit Jutebeutel zu seinen Freunden ins weihnachtlich geschmückte Wohnzimmer stößt, und die ihn ausgrenzen. Er zeigt dem Publikum seine leise Seite, wechselt über in Wut, spielt Akkordeon und singt. Greis zeigt sein facettenreiches Spiel, das die Zuschauer berührt – und das ihm dieses Jahr den Boy-Gobert-Preis beschert.
Laudatoren und Redner werden in das zur Zeit im Nachtasyl aufgeführte Theaterstück „Festzeitstory“ eingebunden, heute gibt es den Rahmen für die Preisverleihung. Joachim Lux, Intendant des Thalia Theaters, freut sich über ein „ausgeschenktes“ Haus. Es ist das zweite Mal, das ein Schauspieler des Thalia Theaters den mit 10.000,- Euro dotierten Boy-Gobert-Preis, der zum 32. Mal von der Körber-Stifung verliehen wird, erhält. Kultursenatorin Barbara Kisseler freut sich ebenfalls, den Adventsvormittag im ThaliaTheater und nicht anderswo verbringen zu müssen – was die Alternative gewesen wäre, verrät sie dem Publikum allerdings nicht.
Das Wort geht an den Juryvorsitzenden Burghart Klaußner, der gerade mit dem „Faust“-Theaterpreis für seine Rolle in „Der Tod eines Handlungsreisenden“ ausgezeichnet wurde. Jung-Regisseurin Maria Ursprung hält die Laudatio, und auch die Thalia-Schauspieler Gabriela Maria Schmeide und Tilo Werner geben dem Preisträger die Ehre und bringen das Publikum mit Tanz und Gesang zum Lachen. Dann überreicht Dr. Klaus Wehmeier, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Körber-Stiftung, den Preis an einen sichtlich emotionalen und sich freuenden Julian Greis. Der ist jetzt wieder angezogen und hat auch glücklicherweise seine roten Locken wieder zum Vorschein gebracht: die waren unter der unechten Glatze versteckt.