Bebauungsplan ohne Plan
Die BSU stellte ihre Vorstellungen im Kesselhaus vor
Es war mehr eine Sache von vielen Konjunktiven und noch mehr Ideen und Wollens, doch eigentlich hatten Dieter Polkowski, Barbara Ehlers und Siegfried Kraus von der BSU nicht viel Visionen mitgebracht. „Man könnte – wenn …“ bestimmte den Vortrag der drei Planer im Kesselhaus anlässlich der öffentlichen Diskussion um den Bebauungsplan-Entwurf HafenCity 12 / Hamburg-Altstadt 48 – sprich die Speicherstadt. Dabei steckt besonders viel Fantasie in den Entwicklungsmöglichkeiten der alten Speicher. Die HHLA träumt von 300 Wohnungen, Künstler und Kreative von bezahlbaren Flächen und Agenturen von repräsentativen Showrooms. Doch, so die Erkenntnis nach dem Abend im Kesselhaus, so recht wird keiner seiner Träume erfüllt bekommen. Denkmalschutz, Flutschutz und die 2015 anstehende – fast möchte man sagen drohende – Ernennung zum Welterbe – machen alle Planungen zu Makulatur, hinzu kommt die knappe Stadtkasse.
Und so beschränken sich die konkreten Planungen auf die Bereiche, die ohne besonders viel Aufwand angepackt werden können – die Freiräume. Zentraler im Fokus stehen dort der schon lange geplante St.Annenplatz, der mit großzügigen Flächen und Bäumen den Besucher zum Verweilen einladen soll und das Ufer entlang des ehemaligen Zollzauns am Zollkanal, an dem der ursprünglich am Sandtorkai geplante internationale Fernradweg verlaufen soll. Die Entscheidung für die Verlegung des Radweges ist immerhin eine gute Wahl, kann der Radler doch so – vom Autoverkehr relativ ungestört – zwischen Speicherstadt und Zollkanal ungestörter vorankommen als am Sandtorkai, der sich immer mehr zu einer Stadtautobahn entwickelt. Ein Bebauungsplan ohne Bebauung also, wenn es nicht tatsächlich kleine Ausnahmen geben würde. Die Fläche zwischen Kesselhaus und dem angrenzenden Block ist tatsächlich noch als potenzielle Baufläche ausgewiesen und könnte, so Polkowski, unter strengen Gestaltungsauflagen neu bebaut werden.
Die anderen beiden Ausnahmen sind eher Rückbauten und Verlagerungen. Die Wasserstofftankstelle an der Oberbaumbrücke – ein das Ensemble störender Fremdkörper, so Helmuth Barth vom Denkmalverein – hat nur eine zeitlich begrenzte Nutzungsgenehmigung und soll irgendwann wieder entfernt werden, sowie der Wandrahmsteg, der sich heute nicht an der historischen Originalposition befindet und nach Willen der Denkmalschützer verlagert werden soll. Und so erweist sich das Spiel mit Wohnraum in der Speicherstadt als Gedankenspiel, bei dem man zwar wünschen darf, die Realität aber zuverlässig die möglicherweise sowieso nicht wünschenswerten Ideen von Politik und HHLA verhindert. Zwar könnten Speicher die unmittelbar an den Bereich der Kibbelstegbrücke angrenzen zu Wohnungen umgebaut werden, mit den Auflagen für Denkmalschutz und durch die besondere Architektur würden sehr spezielle Wohnungen entstehen, die nur eine enge Zielgruppe ansprechen, so Barbara Ehlers. Ob sich hierfür der hohe finanzielle Aufwand lohne der für die Herrichtung notwendig sei, ist ungewiss. Ob sich der finanzielle Aufwand für einen ausgedehnten Sturmflutschutz, wie er von der HHLA angestrebt wird, unter diesen Aspekten jemals rechnen würde steht ebenfalls in den Sternen. Nun kostet die Erhaltung der wunderbaren Gebäude natürlich auch Geld und wenn keine Einnahmen von Seiten potenter Wohnungsmieter kommen, wird sich die Erschließung der Speicherstadt an dem orientieren, wo die Nachfrage groß und die Befriedigung einfacher ist als bei den Wohnungen: Showrooms und Büros, die den Auflagen des Flutschutzes nicht unterliegen, wohl aber dem des Denkmalschutzes. Schade, denn die alten Speicher könnten ebenso gut auch wunderbare Flächen für kulturelle Nutzungen abgeben, vom einfachen Künstleratelier bis hin zum Panikmuseum von Udo Lindenberg.
Die Stadt muss es nur wollen und einen Schlüssel festlegen, bis zu dem die Speicherstadt kommerziell genutzt werden darf, die Erhaltung könnte dann über eine Quersubventionierung durch die Mieten der potenteren Gewerbemieter gelöst werden. Konflikte zwischen Denkmalschutz und Begehrlichkeiten sind sowieso vorprogrammiert, wenn die Speicherstadt erst mal Welterbe ist. Apropos Konflikte: Die eher betuliche Veranstaltung bekam ein wenig Pfiff, als Fleetschlößchen-Gastronom Christian Oehler auf seine Not mit der Nutzung der Freifläche vor dem kleinen Backsteinbau am St.Annenplatz aufmerksam machte. Seit Jahren liegt die Fläche in einer Grauzone wo ihm die offizielle Nutzung versagt würde obwohl Platz genug vorhanden ist – immer mit dem Hinweis auf anstehende Bauarbeiten. Die anwesenden BSU-Mitarbeiter versprachen ihm eine nochmalige Überprüfung, man kann ihm nur die Daumen halten, dass diese positiv ausfallen wird, gehört doch die Freifläche am Fleet zu den beliebtesten Plätzen an der Sonne.