Einmal, Zweimal oder Keinmal
Eine Posse für das Sommerloch
Es schien eine lustige Idee zu sein, etwas bei dem man nicht wirklich Schaden anrichten konnte und bei dem Hamburg für einige Jahre um eine Attraktion hätte reicher sein können – mit der Option der Rückgabe bei Nichtgefallen. Die Idee einer Seilbahn über die Elbe, geboren aus der Not genügend Gäste in kurzer Zeit zu den beiden Musicaltheatern der Stage zu bringen. Als Köder das Versprechen des erleichterten Sprunges über die Elbe und die mögliche Anbindung des Hamburger Südens. Der erste Player der zusammen mit Stage auf der Bühne erscheint ist der österreichische Seilbahnhersteller Dopplmayr, beide schlagen eine kurze Variante von St.Pauli gerade über die Elbe vor. Ein Aufheulen des Entsetzen geht sofort durch die dortige besonders stark vertretene Wutbürgerszene – noch ein Baustein für den Rummelplatz rund um Reeperbahn und Heiligengeistfeld, es reiche jetzt. Wer sich im Markt rund um Seilbahn und Kabelbahnen auskennt, war nicht weiter überrascht über den nächsten Akt im Spiel: Doppelmayrs Hauptkonkurrent Leitner betritt die Bühne mit der Idee einer Alternativstrecke. Seit Jahren kämpfen die beiden Weltmarktführer (Dopplmayr ca. 60 Prozent, Leitner ca. 40 Prozent) verbissen um jeden Auftrag, das Geschäft mit den Skigebieten ist rückläufig oder stagniert, jetzt sind die Städte dran. Im Prinzip ist daran ja nichts ehrenrühriges, Hamburg hätte sich nüchtern mit der Situation beschäftigen können, selbst eine Strecke erarbeiten können und dann, man hatte ja schon zwei Fische an der Angel, öffentlich ausschreiben können – möge das bessere Angebot gewinnen. Soweit kam es aber gar nicht. Zwar hat Hamburg schon ein Seilbahngesetz, die Administration war und ist aber völlig überfordert mit der Idee einer Seilbahn, dazu kam schnell Lagerdenken und Parteienproporz innerhalb weniger Tage hatte sich jeder in Hamburg auf die eine oder andere Seite festgelegt. Das ging so schnell, das sich die Gerüchte, beide Seiten arbeiten mit harten Bandagen und würden mit Motivationshilfen der Gesinnung der jeweiligen Parteigänger nachhelfen, nicht ganz von der Hand weisen ließen. Ein Hauen und Stechen begann, Handelskammer gegen SPD, Tourismusverband gegen St.Pauli-Wutbürger, CDU gegen FDP, ein Bruch durch die Stadtteile, Hamburg hatte dabei nie die Initiative, reagierte nur auf die Köder der beiden Konkurrenten. Wenig hilfreich dabei die Reaktion der Bürger. War in St.Pauli die Reaktion der lautstarken Minderheit von vornherein klar, zeigte sich diese in der HafenCity erst relativ spät, dafür reichen in der noch dünn besiedelten, dafür aber im Fokus des öffentlichen Interesses stehenden HafenCity noch weniger Stimmen um Eindruck zu machen. Ein typisches Possenspiel moderner Zeiten, an dessen Ende viel Energie für nichts verschwendet wird, Deiche überspült werden, die Elbe nicht vertieft wird und Baustopps verhängt werden. Die Politik und Administration haben die Kontrolle und Initiative verloren. Das hat ja auch seine guten Seiten, führt aber in der Folge zu Stillstand. Die HafenCity bildete da bisher eine wohltuende Ausnahme, die Auswüchse allzu bürgernaher Beteiligung waren niedlich kanalisiert im Netzwerk HafenCity, doch damit ist es jetzt auch vorbei. Auch hier regen sich die Bedenkenträger gegen eine Seilbahn. Die Verkehrssituation sei ungelöst, und was wolle man überhaupt mit den vielen Touristen? Sinnige Anmerkungen in einem Stadtteil, dessen Verkehrssituation schon in der Definition ungelöst ist, da machen ein paar Touristen mehr oder weniger auch nichts mehr aus. Die eigentliche Frage ist aber eine andere: Wie bekommt die Stadt die Initiative zurück? Der Prozess darf nicht die Wahl zwischen Entweder und Oder sein, die Stadt muss sagen was sie will, eine Strecke definieren und dann möge der bessere gewinnen. Grundsätzliche Blockadehaltungen aus allen Richtungen führen zu gar nichts. Dabei ist es eigentlich ganz einfach: Will die Stadt eine Seilbahn? Lautet die Antwort hier Nein: Keine weitere Energie verschwenden. Lautet sie Ja: Strecke definieren, Strecke ausschreiben und gucken ob sich jemand findet, der sie auf eigene Kosten betreiben will. Findet sich keiner: Plan in die Schublade und warten bis sich die Vorzeichen ändern. Nüchtern und ohne die jetzige Hysterie.