Märchenhafte Strandlage
Strandkaigrundstücke sind vergeben
Es war einmal ein König, der hatte ein Stück Land zu vergeben und so ließ er die fähigsten Ritter seines Landes anreisen, damit sie in einem Turnier beweisen konnten wer der Würdigste unter seinen Untertanen wäre. In einem monatelangen Kampf überbaten sie sich in Kunststücken bis zuletzt der König der Darbietungen müde wurde und das Land in drei Grundstücke teilte und sie den drei führenden Kombattanden anhand gab. So oder so ähnlich werden zukünftig Geschichten im Königreich HafenCity anfangen, denn man mag es kaum glauben: Nach dem Hamburg Dungeon, Harrys Hafenbasar und der großen Flut soll tatsächlich am Strandkai eine Dauerausstellung „Märchenwelten – Das Vermächtnis der Brüder Grimm“ auf 4000 Quadratmetern inklusive Gastronomie und themenorientierten Verkaufsflächen entstehen. Laut einer Meldung des Hamburger Abendblatt sind im September die drei Grundstücke an der exponiertesten Lage an Investoren vergeben worden, darunter drei Baugenossenschaften, die Hansa, die Bergedorf-Bille-Baugenossenschaft und der Bauverein der Elbgemeinden. Die privaten Investoren sind die Deutsche Immobilien AG und August Prien Immobilien. Rund 45 Millionen Euro gehen dafür über den Tisch für die rund 14.000 Quadratmeter große Fläche. Neben dem Märchenland wird es ein 800 Quadratmeter großes Kinderkulturzentrum geben, das von der Lawaetz-Stiftung gebaut und vom Kl!ck Kindermuseum betrieben werden wird. Im Spätherbst soll der Architektenwettbewerb für die zwei Türme und die weiteren meist siebengeschossigen Häuser folgen. Rund 500 Wohnungen sollen so auf engstem Raum entstehen, sowohl Eigentums- als auch Mietwohnungen – beginnend bei 12 Euro Nettokaltmiete. Rund 90 Meter an der Spitze des Strandkais sollen in einen öffentlichen Platz verwandelt werden auf dem auch Freiluftveranstaltungen stattfinden können. Der Strandkai gilt als absolute Spitzenlage in der HafenCity, hat aber auch seine Schattenseiten. Neben einem extrem anspruchsvollen Baugrund zwischen Elbe und dem Grasbrookhafen weist der Strandkai eine hohe Windangriffs- und Emissionslage aus. Näher an großen Schiffen kann in Hamburg kaum gebaut werden. Außerdem darf man gespannt sein wie sich der Canyon zwischen Dalmannkai und Strandkai wetterseitig auf die dahinterliegenden Gebiete auswirkt. Ob aber tatsächlich ein Märchenland die richtige Nutzung für eine Fläche in einer derartigen Premiumlage ist, darf bezweifelt werden – ebenfalls die wirtschaftliche Tragfähigkeit einer solch seltsamen Idee. Geboren werden Projekte wie dieses aus den Auflagen des Master- und Bebauungsplans und wir werden sicherlich in Zukunft mit noch ganz anderen Ideen konfrontiert werden – fast jedes zu vergebene Baufeld in der HafenCity soll mit etwas Besonderem aufwarten und so überbieten sich inzwischen Baugemeinschaften und Investoren mit einmaligen noch nie dagewesenen Nutzungen – von denen langfristig möglicherweise keine Bestand haben wird. Von daher ist das Märchenland ein wenig auch die HafenCity und alle warten auf die gute Fee oder die böse Hexe und das erste Lebkuchenhaus. Apropos Lebkuchenhaus: Vielleicht ist es doch der ganz große Coup denn ein wenig bekommt man den Eindruck, das zu wenig ernsthaft großartige Architektur gebaut und geplant wird. Backe, backe Backstein kann es ja wohl nicht gewesen sein, mehr Mut und gewagte Formen bitte – so wie der Marco-Polo-Tower, die Elbphilharmonie, das Oval am Kaiserkai – mehr Fantasie in die Bauten und nicht in abstruse Erdgeschossnutzungen.