über Vergänglichkeit, Verfall und dem Verlassen sein
Fotoausstellung des Urban Explorers Elmar Loof
Durch die Gardine des Fensters der alten Villa scheint die Sonne, die Strahlen fallen über den Holzboden und den Klavierhocker mit dem hellen Schafsfell. Die Notenblätter sind aufgeschlagen, als ob der Pianist sich gleich ans Klavier setzen und spielen wird. Doch Warten auf den Pianisten ist wie Warten auf Godot. Die Tasten des Klaviers und die Notenblätter sind verstaubt, der Boden verschmutzt, die Villa verlassen. Wer hat in dieser Villa gewohnt? Wer hat alles so hinterlassen, als würde er in der nächsten Minute von einem kurzen Spaziergang im Park zurückkehren?
„Leave nothing but footprints, take nothing than pictures“ – das ist das Motto der Urban Explorer. Urban Explorer fotografieren verlassene Häuser, Fabriken und Anlagen, dokumentieren die eintretende Verwilderung und recherchieren über die Orte, die sie auf Fotos festhalten. Sie steigen in Gebäude ein, meist ohne Genehmigung, aber nicht, um etwas mitzunehmen, zu verändern oder zu zerstören.
Elmar Loof arbeitet als Online-Redakteur, sein Hobby ist Urban Exploration. Er ist in Internetforen unterwegs, tauscht dort Infos und Fotos mit Gleichgesinnten aus; sie verabreden sich für ihre Entdeckungstouren. Allein geht man nicht in ein vom Verfall bedrohtes Gebäude, sie sind mindestens zu zweit. Falls etwas passieren sollte. Einmal sei eine Wand umgefallen, an der er vorbeiging, einfach so. Es sei aufregend und gruselig, so Loof. Und es mache auch traurig, mit der Vergänglichkeit konfrontiert zu werden, es sei immer eine melancholische Grundstimmung vorhanden. Fabrikanlagen fotografiert er mit Weitwinkel, nimmt die Gesamtheit der Hallen auf, deren Linien und Design. Bei privaten Häusern, wie der Arztvilla mit dem Klavier, die in Hessen steht, findet er Detailaufnahmen faszinierender.
Ein Eisenbahnfriedhof gehört zu einem seiner besuchten Orte, die er fotografisch festgehalten hat, genauso wie ein verlassenes Altenheim, das über Nacht geräumt wurde und an dessen Türen noch die Namen der Heimbewohner stehen. Der dichteste Ort – von der HafenCity aus gesehen – sei der alte Elbtunnel gewesen. Die meisten Fotos, die Loof macht, sind schwarz-weiß. Loof hat Respekt vor der Geschichte, die die verlassenen Orte erzählen. Seine erste fotografische Tour führte ihn in ein abgebranntes Etablissement unweit seiner Heimat, in dem er wider Erwarten auf einen Paintballer in Tarnkleidung stieß, der Loofs Hobby als merkwürdig einstufte; jedem das seine.
Ab Anfang April wird Elmar Loof einige seiner Bilder als Alu- bzw. Acryldruck im Club 20457 ausstellen und auch zum Verkauf anbieten. Ein Teil des Erlöses wird er Plan spenden, einem Verein, der sich um verlassene Kinder kümmert. Und so schließt sich der Kreis mit dem Verlassensein.