Schatz jagt Schatz
Buchtipp: „Der Alte dem Kugeln nichts anhaben konnten“ von Daniel Friedmann
„Ich zog mein Merkheft aus der rechten Jackentasche. Ich las nicht darin, und mir war auch nicht danach, etwas hineinzuschreiben. Ich hielt es nur fest in der Hand. Rose war wach gewesen, als die Sanitäter kamen, aber seither war sie ruhiggestellt. Ein Arzt hatte mir vor einer Weile ein Schlafmittel angeboten. Ich hatte es nicht genommen. Jemand musste Wache halten. Als ich im November 1944 im Krankenhaus aufwachte, wartete Rose auf mich. Ich möchte das niemals vergessen.“
Buck Schatz ist 87 Jahre alt. Am liebsten sitzt er auf dem Sofa, schaut Fox News und raucht stangenweise Zigaretten. Als sein Kriegskamerad Jim im Sterben liegt, beichtet dieser, dass ihr deutscher Peiniger Heinrich Ziegler nicht im Krieg umgekommen ist, sondern mit einem Mercedes voller Nazigold fliehen konnte. Jim bittet Buck, ihn zu rächen. Unwirsch weist Buck diesen Wunsch zurück. Als aber auch Jims Schwiegersohn und der Pfarrer von dem Nazischatz anfangen, und der Pfarrer daraufhin ermordet wird, macht sich Buck auf die Suche nach Ziegler und dem Gold. Mit von der Partie: sein Enkel Tequila. Die Kombi aus dem sturen ehemaligen Detective (der vor über 30 Jahren in den Ruhestand gegangen ist) und seinem Jura-studierenden Enkel erweist sich – trotz großer Bedenken – als gelungen. Dass Buck Tequila nicht ausstehen kann und ihn entsprechend behandelt, hat nur einen Grund: Tequila erinnert Buck an seinen verstorbenen Sohn.
Werden die Beiden Heinrich Ziegler, der ebenfalls um die 90 Jahre alt sein wird, überhaupt finden? Und gibt es wirklich den sagenumwobenen Schatz? Fakt ist: wo Buck und Tequila auftauchen, werden Menschen bestialisch ermordet. Wer steckt dahinter?
Autor Daniel Friedmann zeichnet einen dementen, starrsinnigen, ketterauchenden und bewaffneten Alten, der nie verlegen ist, seine Meinung klar und deutlich kundzutun. Dass sein Rasen grünt, egal, ob er ihn pflegt oder nicht, nervt ihn genauso, wie die Tatsache, dass sein Enkel sich Tequila nennt; und so wird er auch nicht müde, ihn entsprechend vorzustellen: „Das hier ist mein Enkel Jägermeister‘“. ‚Jetzt reicht es aber, Grandpa.‘“ Bucks Arzt rät ihm dazu, Dinge zu notieren, die der Alte nicht vergessen möchte: und so erfahren wir in den Zwischenkapiteln „Was ich nicht vergessen will“, was Buck in seinem Leben wiederfahren ist und was ihn beschäftigt: seine Gefangenschaft in Frankreich bei den Nazis, seine Liebe zu seiner Frau Rose und der schwer zu verwindende Tod seines Sohnes. „Der Alte dem Kugeln nichts anhaben konnten“ ist ein witzig geschriebenes Buch, das aber auch seine nachdenklichen Momente hat – und einer Hauptfigur, die man einfach ins Herz schließen muss. Wünschen wir uns nur, dass die Waffenlobby in den USA nicht Buck Schatz als ihren Helden auserkürt.
„Der Alte dem Kugeln nichts anhaben konnten“ von Daniel Friedmann ist im März 2014 im aufbau Verlag erschienen. 320 Seiten, gebunden, Euro 17,99, ISBN 978-3-351-03568-6