Blamagen über Blamagen
Gerhard Henschel liest bei iF Design im Rahmen „Literatur in den Häusern der Stadt“
Immer wieder hält er beim Lesen inne und lacht. Eine total verschwendete Jugend, bescheinigt er sich selbst. Mein scheußlichster Urlaub, den ich hier schildere – wobei, es gab sogar noch schlimmere! Das Publikum lacht mit.
Gerhard Henschel, ehemals Redakteur des Titanic-Satiremagazins, liest aus seinem Buch „Bildungsroman“ – so war es jedenfalls angekündigt. Gastgeber Achim Nagel von Primus development freut sich ebenso wie die Zuhörer, denn Henschel gibt Passagen aus den bisher erschienenen Büchern um den Protagonisten Martin Schlosser zum Besten.
Und gibt dem Publikum noch einen privaten Einblick, wie man auf die ganzen verschrobenen Ideen seines Romanheldens komme: diese stammen nämlich aus der eigenen Familie: Seine Mutter hat 30 Jahre lang Beipackzettel sämtlicher Arzneimittel samt des zu behandelnden Familienmitgliedes ordentlich abgelegt. Bei seiner Schwester konnte er das Pubertätstagebuch abstauben, er selbst habe monatlich eine Familienzeitung veröffentlicht. In dieser Zeitung wurde über die Geburt von Hamsterjungen berichtet, von Urlauben der Familienmitglieder – und als er nach drei Jahren die Zeitung einstellen wollte, legte seine Mutter ein Konto für ihn an, auf das Tanten und Onkel Geld einzahlten, was ihn zu weiteren zwei Jahren Zeitungsveröffentlichungen motivierte.
Genauso pedantisch verhält sich die Romanfigur Martin Schlosser, Jahrgang 1962, der eigentlich er selbst ist. Das Mittagessen erhält Schulnoten (Rotkohl: 6), genauso wie der Nachtisch (Dosenpfirsich: 5-). Ein Skandal, als der 10-jährige Junge bei Woolworth Spielzeugautos klaut und von der Mutter auf der Polizeiwache abgeholt werden muss.
Weiter geht es mit dem Hass auf Mathehausaufgaben und den Konfirmandenunterricht, Hausarreste, bis hin zu einer Anzeige, die er mit einem Freund in einer Zeitung aufgibt: „Renitente Mieter? – Wir lösen ihr Problem!“.
Henschel hat durchgerechnet, dass ihn Martin Schlosser erst dann zeitlich einholt, wenn er 75 Jahre alt sei – bis dahin gibt’s noch genügend amüsanten Stoff aus dem eigenen Leben zu verarbeiten.