Coffee to stay
Hans und seine Enoteca
Seit Ende Oktober ist die HafenCity um eine Kuriosität reicher: Eine Enoteca im Vorzimmer einer Schneiderei. Wein, italienischer Käse und Wurstwaren sowie Gewürze zum Probieren und Mitnehmen.
Nur eines gibt es bei Hans Krausz – von allen nur Hans genannt – nicht zum Mitnehmen: seine Kaffeespezialitäten aus der italienischen Kaffeemaschine. Die Unsitte, Kaffee in Pappbechern im Gehen zu trinken, kann er nicht nachvollziehen und unterstützt er auch nicht. Seinen Kaffee soll man in Ruhe trinken, einen Moment innehalten und Kraft tanken. Genuss steht für ihn im Vordergrund – und das gepflegte Gespräch.
Das kommt nicht von ungefähr, denn in seinem anderem, noch nicht ganz aufgegebenen Leben hatte Krausz weder etwas mit dem Lebensmittelmarkt noch mit der Gastronomie zu tun – nun ja, so ganz stimmt das nicht. Doch von vorn: Hans Krausz hat in seinem Leben schon vieles gemacht, vor allem dann, wenn er eine Auszeit von seiner eigentlichen Profession brauchte. Als Coach für Vorstände und Manager internationaler Konzerne führte er ein ebenso aufreibendes Berufsleben wie seine Klienten – mit der gleichen Notwendigkeit, seinen Kopf wieder frei zu bekommen. Eine dieser Auszeiten führte ihn auf die ostfriesischen Inseln und in den gastronomischen Betrieb eines Freundes – die Saat für seine jetzige Leidenschaft war gesät.
Doch eigentlich wollte er nicht ins eher kühle Hamburg, sondern in den sonnigen Süden: Nach Capri, der Sehnsuchtsinsel der Deutschen der 1950er- und 60er-Jahre sollte es gehen, ein Lokal und eine Wohnung waren schon gefunden, da beendete der Besuch dreier Herren in schwarzen Anzügen, die ihre Hilfe bei der Geschäftsgründung anboten, abrupt seine Träume und er buchte umgehend den Rückflug nach Deutschland. Ein Zufall sorgte dann für den Standort in der HafenCity. Zwei Jahre lebte er bereits im Stadtteil am Wasser, hatte die offene und herzliche Art seiner Bewohner lieben gelernt. Ein Gedankenaustausch mit seiner Nachbarin Irene Abele sorgte dann für die ungewöhnliche Kombination von Schneideratelier und Enoteca.
Unter dem Label Enerbanske – das sind Helgoländer Wichtel – gibt es jetzt all das, was der Hausherr selbst gerne mag: ausgewählte Weine zu zivilen Preisen, leckeren Parmigiano, Oliven und ausgesuchte Schinkensorten, alles auch zum sofortigen Verzehr vor Ort. Ein übersichtliches Konzept, das von der Herzlichkeit seines Erfinders lebt und deshalb Aussicht auf Erfolg hat. Den Nachbarn und Kunden gefällt es – und Hans sowieso. Trotzdem kann es sein, das er die Ladentheke von Zeit zu Zeit mit dem Anzug tauscht und zur Beratung seiner Klienten in die weite Welt reist – in seinem Laden am Dalmannkai bekommen seine Kunden diese und andere Anekdoten als Beigabe zu Schinken und Wein.