Lieben Sie Brahms! Konzertwochenende mit Kammer-, Chor- und Orchestermusik zum Abschluss des Hamburger Musikfestes
Konzerte: „Brahms-Soirée“, Sonnabend, 21. Mai, 18.00 bis ca. 22.00 Uhr
„Alle vier ab vier“, Sonntag, 22. Mai, 16.00 Uhr (Sinfonien Nr. 1 & 2)
und 19.00 Uhr (Sinfonien Nr. 3 & 4), Hamburg, Laeiszhalle
Im Radio: NDR Kultur sendet die Konzerte am 22. Mai live
„Lieben Sie Brahms?“ – Die Frage aus Françoise Sagans gleichnamigem Roman ist längst zum geflügelten Wort geworden. Zum Abschluss des Internationalen Musikfests Hamburg macht der NDR aus dem Fragezeichen ein entschiedenes Ausrufezeichen und widmet dem Hamburger Komponisten ein ganzes Wochenende mit rund sieben Stunden Brahms-Musik. Thomas Hengelbrock, der NDR Chor, Artist in Residence Alexander Lonquich sowie dessen Kammermusikpartner Carolin Widmann, James Boyd, Nicolas Altstaedt und Cristina Barbuti machen den Sonnabend (21. Mai) in einer großen Soirée mit Kammer- und Chormusik des gebürtigen Hamburgers zum „Brahmstag“. Und am Sonntag (22. Mai) gibt es ab 16.00 Uhr alle vier Brahms-Sinfonien in einem einzigartigen Konzertmarathon mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester unter Thomas Hengelbrock zu hören. NDR Kultur überträgt dieses sinfonische Mammutprojekt am Sonntag live im Radio.
Als einen „Berufenen“, der „uns mit seiner wunderbaren Musik auf das allertiefste“ ergreift, beschrieb Robert Schumann den großen Komponistenkollegen. Andere lobten Brahms’ „Drang in die Tiefe“ (Philipp Spitta) oder seine „ungemein geschlossenen Kompositionen, die umso tiefer und reicher einem aufgehen, je mehr man sich in sie versenkt“ (Gustav Mahler). Und zu ebensolcher Versenkung in Brahms’ Musik lädt der NDR am 21. und 22. Mai ein.
An beiden Tagen wird auch die Gastronomie der Laeiszhalle ein speziell für diesen Anlass komponiertes Angebot bereithalten, das Wiener, aber auch Hamburger kulinarische Spezialitäten kombiniert (Infos und Vorbestellungen unter reservierungen@hansen-edel.de)
Brahms-Soirée
„Brahms schafft wie kein anderer romantischer Komponist diese unglaubliche Balance zwischen Expressivität und Gefühl und einer wahnsinnig konstruktiven Kraft der Kompositionstechnik“, sagt Thomas Hengelbrock. In der Brahms-Soirée dirigiert er den NDR Chor in erlesener Chormusik des Sohns der Hansestadt. Die „Vier Gesänge“ op. 17 in Begleitung von zwei Hörnern und Harfe komponierte Brahms in Hamburg für einen von ihm gegründeten Frauenchor. Ebenfalls eng mit der Hansestadt verknüpft sind die „Fest- und Gedenksprüche“ op. 109, die hier erstmals einen Tag vor der Verleihung des Ehrenbürgerbriefs an Brahms erklangen. Mit Klavierquartetten, Liedtranskriptionen, einem Klavierduo sowie Werken für Violine und Klavier stehen daneben Stücke auf dem Programm, die in besonderer Weise mit dem privaten Umfeld und dem Freundeskreis des Komponisten zu tun haben. So führen Carolin Widmann und Alexander Lonquich das Publikum mit drei Romanzen von Clara Schumann und Brahms’ Scherzo aus der „F.A.E.“-Sonate zunächst in das Jahr 1853, als Brahms erstmals mit den Schumanns sowie mit dem Geiger Joseph Joachim zusammentraf, dem diese beiden Stücke auf den Leib geschrieben sind. Es folgt das 1861 im damaligen Hamburger Vorort Hamm vollendete Klavierquartett Nr. 1, Brahms’ erstes großes Kammermusikwerk mit wahrhaft sinfonischen Dimensionen. Die „Variationen über ein Thema von Robert Schumann“ für Klavier zu vier Händen wiederum sind eine Hommage an Brahms’ großen Mentor und Freund, der im Jahr 1856 verstorben war und über dessen letzten musikalischen Gedanken Brahms hier variiert. Artist in Residence Alexander Lonquich ist dabei einmal mehr im kongenialen Klavierduo mit seiner Frau Cristina Barbuti zu erleben. Außerdem spielt Nicolas Altstaedt, der das Publikum beim NDR Elbphilharmonie Orchester zuletzt mit seiner Interpretation vom Dutilleux’ Cellokonzert faszinierte, drei Lieder von Brahms in Bearbeitungen für Cello und Klavier.
„Alle vier ab vier“
„Ich glaube, wenn Brahms nicht zu meinen absolut bevorzugten Komponisten gehören würde, wäre ich als Chefdirigent des NDR Elbphilharmonie Orchesters fehl am Platz!“, versichert Thomas Hengelbrock. Für den zweiten Tag des Brahms-Wochenendes hat er sich ein außergewöhnliches Mammutprojekt vorgenommen: Ab vier Uhr nachmittags führt das NDR Elbphilharmonie Orchester unter seiner Leitung alle vier Brahms-Sinfonien in einem Konzertmarathon auf. „Brahms in Hamburg zu spielen bedeutet natürlich Eulen nach Athen zu tragen, aber die Gelegenheit, alle vier Sinfonien hintereinander zu hören, bietet sich auch hier nicht alle Tage“, so Hengelbrock. „Wenn man sie als Zyklus spielt, offenbart sich deutlich ihre totale Verschiedenartigkeit. Es ist eine wunderbare Reise durch vier verschiedene Resonanzräume der Brahmsschen Seele.“
Im ersten Teil des Nachmittags steht das erste Sinfonie-Paar auf dem Programm: Die „heroische“ Erste, mit der Brahms sich endlich von seinem Vorbild Beethoven löste, kündet von einer gewaltigen kompositorischen Anstrengung des selbstkritischen Meisters. Das drängende c-Moll des Beginns verwandelt sich im Finale in ein hymnisches C-Dur, wo dann jene Melodie erklingt, mit der der NDR die Bürger der Hansestadt tagtäglich im „Hamburg Journal“ begrüßt. Für Brahms war damit das Eis gebrochen, und er schob nur ein Jahr danach seine Zweite in D-Dur hinterher, die geradezu wie eine Gegensinfonie zur Ersten wirkt: Hier zeigt sich Brahms vor allem von seiner lebensfrohen, liedhaft-melodischen, naturverliebten Seite. Unter anderem spielt er im 1. Satz sogar auf eine seiner berühmtesten Melodien an: auf das Wiegenlied „Guten Abend, gute Nacht …“. Es gelang ihm hier das Kunststück, eine Sinfonie zu komponieren, die höchste kompositorische Disziplin unter einer leicht fasslichen, heiteren Oberfläche verbirgt.
Im zweiten Konzert folgt mit der Dritten und Vierten ein weiteres kurz nacheinander komponiertes Sinfonie-Paar. Die Dritte zeugt von geradezu abgeklärter kompositorischer Meisterschaft. Sie ist eines der am genialsten konstruierten Werke von Brahms und berührt dabei dennoch ganz unmittelbar. Wer könnte sich etwa der elegischen Melodie des 3. Satzes entziehen? Auf die in ihren Ausmaßen und mit ihrem leise verklingenden Schluss recht bescheiden daherkommende dritte Sinfonie ließ Brahms mit der Vierten dann sein monumentales sinfonisches Schlusswort folgen. Hier zog er die Summe seines Schaffens. Brahms’ motivische Verarbeitungstechnik wies zukünftigen Generationen den Weg; gleichzeitig zeugt das Werk von der Auseinandersetzung mit der Tradition. Ein gewaltiges Finale in Form von Variationen über ein Thema von Bach beschließt diese Sinfonie, die vielen Kennern und Liebhabern als eine der vollkommensten aller Zeiten gilt.
Alle drei Konzerte des Brahms-Wochenendes sind einzeln oder in Paketen buchbar im NDR Ticketshop im Levantehaus, Mönckebergstr. 7, 20095 Hamburg, Tel.: 040/44 192 192), E-Mail: ticketshop@ndr.de.
Mitwirkende und Programm Brahms-Soirée (21. Mai, 18 Uhr)
Alexander Lonquich, Klavier
Carolin Widmann, Violine
James Boyd, Viola
Nicolas Altstaedt, Violoncello
Ab Koster & Seonkyeong Yu, Horn
Sophia Whitson, Harfe
NDR Chor
Thomas Hengelbrock, Dirigent
Programm:
Clara Schumann: Drei Romanzen op. 22 für Violine und Klavier
Johannes Brahms: Scherzo aus der „F.A.E.-Sonate“ für Violine und Klavier
Klavierquartett Nr. 1 g-Moll op. 2
Vier Gesänge op. 17 für Frauenchor mit Begleitung von zwei Hörnern und Harfe
Fest- und Gedenksprüche op. 109
Drei Motetten op. 110 Variationen über ein Thema von Robert Schumann op. 23 für Klavier zu vier Händen
Lieder ohne Worte für Violoncello und Klavier
Klavierquartett Nr. 3 c-Moll op. 60 (3. Satz)