Gravitation
Laufwege und Zusammensetzung
Darauf waren alle Gewerbetreibenden in der HafenCity neugierig: Wie wird sich der Charakter des schwierigen Gewerbestandortes nach der Öffnung der Elbphilharmonie ändern? Volles Haus und gute Geschäfte oder alles wie gehabt? Wir haben uns mal etwas gründlicher in den letzten Wochen mit dem Thema beschäftigt, Laden- und Gastronomiebesitzer befragt, eigene Beobachtungen angestellt und überschlägige Zählungen gemacht. Das Ergebnis ist überraschend und für viele ernüchternd.
Rund 20.000 Besucher kommen an Wochenenden mit halbwegs erträglichem Wetter an die Elbphilharmonie, nicht alle besuchen die Plaza. Die Hauptlaufrichtung ist die Achse Baumwall/Landungsbrücken, Kaiserhöft, mindestens die Hälfte entschwindet auf demselben Weg wieder aus der HafenCity. Der verbleibende Rest sorgt an den Wochenenden in der Straße Am Kaiserkai – bisheriges Sorgenkind der HafenCity – immerhin für Mönckebergstraßen-Feeling, und es gibt Momente, in denen die Bürgersteige schwarz vor Menschen sind. Die überwiegende Anzahl der verbleibenden Menschen verschwindet dann wieder Richtung Speicherstadt über den Großen Grasbrook und die Kibbelstegbrücke. Profiteure dieser Entwicklung sind alle Gewerbetreibenden innerhalb dieses Gebietes, doch die Begeisterung dort ist nicht ungetrübt. Das liegt unter anderem an der Zusammensetzung des Publikums.
Es sind zu einem nicht unbeträchtlichen Teil Touristen, die nicht zum Shoppen in die HafenCity gekommen sind, große Gruppen, die von ihren Führern schnell durch die gut erreichbaren Attraktionen in der Nähe gelotst werden und dann wieder zurück in den Bus. Man hört englisch, holländisch, dänisch und schwedisch und sogar koreanisch, Menschen, die zwar Souvenirs kaufen, aber keinen Großeinkauf machen – und Menschen, die sich nicht auskennen. Überseequartier? Nie gehört! Unmittelbare Folge dieser Unkenntnis sind die daraus resultierenden Laufwege. Schon auf der falschen Seite des Großen Grasbrooks herrscht Langeweile, rein und raus lautet die Devise, eine Erfahrung, die viele Gewerbetreibende schon bei Großereignissen wie dem Hafengeburtstag gemacht haben. Ganz anders in der Elbphilharmonie selbst. Im dortigen Souvenirshop kommt man mit dem Nachfüllen der Regale kaum nach, und der Gastronomie rund um die Elbphilharmonie geht es gut.