Der Unzufriedene
Hamburgs AfD-Landesvorsitzender Dr. Bernd Baumann kandidiert als Spitzenkandidat für den Deutschen Bundestag
In die Hamburgische Bürgerschaft ist die AfD bereits 2015 eingezogen. Nun macht sich die Partei, die seinerzeit acht Mandate errang und seit einem Jahr sieben Fraktionsmitglieder und einen fraktionslosen Abgeordneten in der Bürgerschaft stellt, auf den Weg in den Deutschen Bundestag. An der Spitze der Landesliste: Dr. Bernd Baumann (57), Landesvorsitzender und neben Jörn Kruse, der zweite Fraktionsvorsitzende der siebenköpfigen Fraktion.
Der Diplom-Ökonom, der jahrelang in Verlagsleitung und Redaktionen von Medienunternehmen arbeitete, kann es sich nun nach eigener Angabe auch finanziell leisten als „Vollzeit-Politiker“ tätig zu sein. Ist die AfD von der Anti-Euro-Partei zur Anti-Islam und Anti- Flüchtlingspartei geworden? „Die AfD ist immer noch gegen diesen Euro, von dem jetzt jährlich Billionen gedruckt werden und der über den Nullzins Millionen Sparer und Rentner in Deutschland enteignet. Das Flüchtlingsthema hat eine mediale Aufmerksamkeit, dass es unsere anderen Themen in den Medien überlagert“. Klar ist für den ehemaligen Journalisten auch, dass „die AfD selektiver und verzerrter wahrgenommen wird und der Berufsstand der Journalisten, die nach Umfragen zu 70% eher links oder grün wählen, sich mit der AfD kritischer auseinandersetzen als mit den Altparteien“. Zur Zukunft Europas befragt, ist der Ökonom, der zu „Offene Gesellschaft, Marktprozess und Staatsaufgaben“ promovierte, überzeugt, dass „…Europa an seinen jetzigen Institutionen der EU und des Euros Schaden nimmt.“ Es laufe vieles schief, gerade auch beim Euro, der seiner Überzeugung nach „…auf Dauer schädlich ist“. Seine Haltung zur EU ist ebenso klar: zu viele Befugnisse, zu stark zentralistisch „…bis hin zur Gurkenkrümmung und Staubsauger-Wattzahl“. „Die Europäische Union soll die Außengrenzen sichern, den Wirtschaftsaustausch gut organisieren und endlich, mit Blick auf den Euro, dafür sorgen, dass nicht die einen Länder für die Schulden der anderen haften“. Die Verletzungen der Verträge von Maastricht und Dublin seien für Deutschland auf Dauer nicht tragbar. Die Freiheit der Rede und der Kritik ist ein Wahlkampfthema seiner Partei. Baumann, ist der Meinung, dass diese demokratischen Freiheiten in Deutschland nicht mehr ausreichend gegeben seien. „Zwar dürfte man alles sagen, werde dann aber „oft sozial beschädigt“. Er berichtet von Wirten, die „…wegen Drohungen und Angriffen pleite gegangen sind, weil sie ihre Lokale der AfD als Versammlungsstätte zur Verfügung stellten und von Professoren, die fürchten, ihre Stellen zu verlieren, wenn sie sich als AfD-Anhänger zu erkennen geben“. „Uns sagen Menschen, die mit uns sympathisieren, dass sie der Partei nicht beitreten können, weil sie wirtschaftliche oder soziale Sanktionen befürchten“ und Baumann sagt auch, dass Kritiker selbst in Diktaturen ja ‚frei reden‘ könnten, nur seien sie halt einen Tag später im Gefängnis. Hierbei will er nach eigener Aussage keinen direkten Vergleich ziehen.
Er erinnert an ein Europa, in dem seit 2500 Jahren die demokratischen und staatsbürgerlichen Wurzeln des Kontinents liegen. „Wir lieben Europa, es ist unsere Heimat. Und wir machen auch keine Politik gegen Flüchtlinge, sondern gegen die derzeitige Flüchtlingspolitik“ sagt der Kandidat der Partei Alternative für Deutschland, der die südeuropäischen Länder in der Währungsgemeinschaft als Problem betrachtet. Auf der Homepage des Landesverbandes seiner Partei erklärt Baumann seine Ziele: vernünftige Einwanderungspolitik, Innere Sicherheit, gute Sozialpolitik. Die AfD will sich als große Gegenbewegung zum breiten linken und linksliberalen Mainstream in Medien und Politik dauerhaft etablieren: „Wir wollen unser Land zurück“ liest man dort und auf Nachfrage, von wem er das Land zurück möchte, antwortet er: „…von den Altparteien.“ Die AfD ist für ihn die Speerspitze für jene Teile des Bürgertums, die unzufrieden sind und sich den links-liberalen Eliten ausgeliefert sehen“ behauptet er. Schuld seien „die politische Welle von den 68-ern bis heute“, wiederholt Baumann. Seit dieser Zeit werden seiner Ansicht nach zentrale bürgerliche Tugenden zunehmend verunglimpft. Dieser links- grünen Übermacht gelte es etwas entgegenzubringen. Zum Beispiel durch Bildung, sagt er, und meint Erziehung: „Wir brauchen ein funktionierendes Schulsystem und Respekt vor der Staatsgewalt. Die 68er machten aus dem braven Schutzmann z.B. ‚Bullenschweine‘, die man angreifen darf“ und ergänzt auf die Frage, was er denn als positiv an Deutschland betrachte: „Deutschland muss sich die Kraft und Fähigkeit zurückholen. Das hatten wir mal alles: ein Rechtsstaat, eine offene Gesellschaft und Rechtssicherheit.“ Die Sicht der Öffentlichkeit auf seine Person ist Bernd Baumann wichtig. „Ich möchte mit den Medien offen sprechen und hoffe, dass sie bemerken, dass wir für zutiefst bürgerliche Politik stehen.“ Gelungen ist ihm und seiner Partei auf jeden Fall eine herausragende Präsenz in den sozialen Medien. Über 333.000 Nutzer klickten bereits „gefällt mir“ auf der Facebook Seite der AfD. Bei allen politischen Diskursen kann in einer Demokratie eins auf keinen Fall akzeptiert werden: Gewalttäter, die kriminelle Straftaten auf Leben, Gesundheit und Eigentum von AfD-Politiker begehen oder die Wahlkampfplakate und Infostände der Partei angreifen und sich dabei im Recht wähnen. In dieser Frage dürften die Alternative für Deutschland und Dr. Bernd Baumann eine große demokratische Mehrheit hinter sich wissen. n MP/CF