Grabenkämpfe
Zwischen Schwarz und Weiss: Das Format „am Lagerfeuer“ in Thalias Nachtasyl
Miteinander ist bekanntlich besser als übereinander zu reden. Der Meinung waren auch die Veranstalter der Diskussionsreihe „Am Lagerfeuer“, die inmitten der politischen Aufarbeitung des G20 Gipfels unter dem Titel „Protest und Staatsgewalt – Endlich Weltstadt, 2. Akt“ ins Thalia Nachtasyl einluden. „Gegenseitige Schuldzuweisungen gab es in den vergangenen Wochen aus unserer Sicht genug“, so die Veranstalter. Unglücklicherweise konnte auch dieser Abend daran nichts ändern, was eventuell auch an der Auswahl der Gäste lag. Geladen waren der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Dressel, der Polizeiforscher Rafael Behr und der Aktivist Ale Dumbsky.
Wie zu erwarten, gingen gleich zu Beginn die Meinungen weit auseinander- das Thema: die Rote Flora. „Der Krieg wurde nicht in der Roten Flora geplant“, so Dumbsky. Dressel antwortete entsprechend auf Regierungslinie und ist der Meinung, dass „…da etwas passieren muss“. Es gibt erste Stimmen, die Flora zu schließen, mindestens aber zu durchsuchen. „Ich möchte einen Ansprechpartner der Flora, der mit uns redet“ betont Dressel. Solch eine Person wird es nicht geben, machte Dumbsky unmissverständlich klar. Die politischen Gräben zwischen Dumbsky und Dressel waren nicht zu übersehen und zogen sich durch den ganzen Abend. Bemühungen, aufeinander zuzugehen, wurden im Keim erstickt. „Ich möchte mit denen nicht reden“, gab Dumbsky zu Protokoll und meinte damit Regierungschefs wie Trump oder Putin. Dressel dagegen plädierte für eine realpolitische Herangehensweise. Über die Rolle der Polizei wurde viel debattiert. Polizeiforscher Behr, an dem Abend sehr um Sachlichkeit bemüht, konstatierte der Polizei durchaus ein Fehlverhalten. Seiner Meinung nach sollte bei der Analyse aber nicht der einzelne Beamte in den Fokus genommen werden, sondern die gesamte Strategie der Polizeiführung. Besonders störe ihn der Heldenmythos, der durch die intransparenten Verletztenzahlen der Polizisten aufgebaut werde. „…und dass damit Politik gemacht wird“, so Behr verärgert. Für Auflockerung mit bitterem Beigeschmack sorgte das G20-Begriffe- Ratespiel, bei dem die Gäste vom Publikum vorgeschlagene Wörter wie Häuserkampf, Staatsgewalt oder auch Sturmgewehr erraten mussten. An dieser Stelle muss die Frage erlaubt sein, ob die Ernsthaftigkeit der Debatte bei solch einem Spiel noch gegeben ist. Schlussendlich wurde deutlich, dass miteinander reden gut ist, aber dies erschwert wird, wenn Fronten derart verhärtet sind, die Strukturen starr und die Meinungen der beiden Lager gesetzt zu sein scheinen. Zumindest ist dies der Eindruck, der sich auch an diesem Abend verfestigt. n
Marco Pawlowski