Oberhafen – nur ein Ghetto für Künstler?
Jörg Munzinger schreibt in seiner Kolumne „#urbnhafencity“ über seine Eindrücke und Beobachtungen in der HafenCity. Seine Leidenschaft sind Immobilien, Architektur und Städtebau. Er wohnt in der HafenCity.
Bars, Konzerte- und Nachtleben in ehemaligen Industriehallen. Tagsüber ein Ort, an dem Angestellte der Medien- und Werbebranche kreativ sind. Junge Start-Ups und etablierte Firmen in einem Gebäude, dazwischen Ateliers für Künstler und Einzelhandel neben Galerien und Restaurants. Ein Ort des Austausches, der für alle Nutzer inspirierend ist, mit einer Vielfalt die jeden Tag 24 Stunden Leben ins Quartier bringt. Das Erfolgsgeheimnis ist ein ausgewogener Mix von Mietern mit einer Mischung aus Kunst, Kultur und Kommerz. Die Idee dahinter: Wechsel von Arbeit und Freizeit, von Kreativität und Anstrengung, von Urbanität und Natur.
Nein, hier geht es nicht um den Oberhafen, sondern um ein Kreativviertel in München, entstanden auf einer Industriebrache von Pfanni. Alles fing mit wilden Partys vor 20 Jahren an. Heute gibt es noch die gleichen Partys, nur dass daneben in der Zwischenzeit DAX-Unternehmen ihre Kreativabteilungen angesiedelt haben. Eine Entwicklung, die es so am Oberhafen wohl nicht geben wird.
Das Konzept des Oberhafens verstehe ich nicht. Ich bin irritiert, was dort nach Jahren der Planung entsteht. Mir scheint, den Entwicklern geht es weniger um Förderung der Kreativbranche als um Schaffung einer Oase zur Verwirklichung alternativer Lebensmodelle. Hamburg braucht aber etwas anderes: Ein Kreativviertel, das eng verknüpft ist mit Wirtschaftsunternehmen, die unbedingt an diesem Standort eine Firma in Hamburg ansiedeln wollen.
Einen entscheidenden Unterschied gibt es zum Münchner Kreativquartier. Dieses entstand durch private Investitionen und muss im Gesamtergebnis Gewinne erwirtschaften, während der Oberhafen sich aus öffentlichen Förderungen finanziert und wahrscheinlich auch dauerhaft darauf angewiesen ist. Das Kreativquartier in München muss Marktmieten generieren und kann Kreativflächen nur quersubventionieren. Da das eine ohne das andere an dem Standort nicht funktioniert, sind die Investoren sensibel auf eine Ausgewogenheit bedacht.