Zuviel los in der HafenCity ?
Kritik an Veranstaltungshäufigkeit bei einigen Anwohnern
Wenn im Märchen Wünsche gewährt werden, wenden sich diese häufig auf perfide Art gegen den Wünschenden. Für einige Anwohner der HafenCity scheint sich der Wunsch nach einem Leben mittendrin auf ähnliche Art gegen sie zu wenden. Auch wenn jeder Zuziehende sich eigentlich über das Grundkonzept der HafenCity im klaren sein sollte, sieht die Realität dann doch weniger attraktiv aus. Einen Stadtteil, in dem 24 Stunden am Tag Leben herrscht, verspricht das Konzept, dass dieses Versprechen tatsächlich Realität werden könnte, übersteigt dann aber doch die Fantasie der Anwohner. "Jedes Wochenende Hubschrauber und Remmidemmi, da muss was dagegen gemacht werden, sonst ziehen wir hier aus!" wird sich kritisch an Mitarbeiter der HafenCity Hamburg GmbH gewandt, schon früh im Jahr, nur der Hafengeburtstag hat ansatzweise die HafenCity berührt. Die eigentlichen Großereignisse stehen der HafenCity noch bevor. Die Eröffnung des Traditionsschiffhafen, HafenCity-Run, Tag der deutschen Einheit, die Sommer-Sonntagabende auf den Magellan-Terrassen, der Trödelmarkt, die Cruise-Days, und dutzende anderer kleiner und größerer Veranstaltungen. Dazu der normale Publikumsverkehr durch Schaulustige, Sporttreibenden und Touristen. Jeder fertiggestellte Abschnitt der HafenCity zieht mehr Besucher an. Seien es das attraktiv gestaltete Basketballfeld am Vasco-Da-Gama-Platz und der am 1.Juni öffnende Spielplatz am Viewpoint im kleinen oder das Mitte Juni öffnende Maritime Museum als nur einige Beispiele der Vielzahl der zu erwartenden Anziehungspunkte nur in diesem Jahr, weniger Besucherverkehr wird es nicht mehr geben, nur mehr.
Schon jetzt ist zu erkennen, das alle Zweifler an der Attraktivität der HafenCity falsch liegen und hier liegt der Teufel im Detail in der Erfüllung von Versprechen. Keiner der in die HafenCity gezogen ist, hatte die Illusion in einen stillen Weiher zu ziehen. Doch wie die Realität aussehen kann, wird jetzt erst bei zunehmender Fertigstellung im südwestlichen Bereich der HafenCity klar. Stellen wir uns für einen Moment einen zentralen Teil dieses Bereiches nach Fertigstellung und vollständigen Bezug vor: Den Vasco-Da-Gama-Platz an einem Sommersamstag im Jahr 2011, die Elbphilharmonie schon fertiggestellt.
Rund um den Platz stehen Tische der Außengastronomie, die gut gefüllt sind. Zu den Hafengeräuschen liegendender Schiffen mit laufendem Hilfsdiesel sowohl vom Kreuzfahrtterminal, als auch von den gegenüberliegenden Hafenterminals gesellt sich das Geräusch von an den Masten schlagenden Fallen von der Sportbootmarina im Grasbrookhafen. Von der Elbe schallen die normalen Hintergrundgeräusche der Fähren und Barkassen. Auf dem Platz spielen Menschen Basketball und das Geräusch von vielen Unterhaltungen an den Tischen – und vielleicht auch von Musik – liegt über dem Platz. Ein ständiger Menschenstrom kommt und geht, von der Elbphilharmonie, wo gerade ein Konzert beginnt oder endet, vom Traditionsschiffhafen, aus den Galerien und Museen. Auf dem Wasser gelegentlich ein aufheulender Motor von einem großen Motorboot, auf den Strassen das Geräusch von Motorrädern und Autos. Durch die engen Strassen werden die Geräusche teilweise verstärkt wiedergegeben.
Eine unrealistische Vision? Eher nicht – und hier werden sich dann die Geister der Anwohner scheiden. Einige werden die HafenCity schon vorher verlassen haben. Andere ziehen sich in die hofseitigen Zimmer zurück und versuchen das Treiben zu ignorieren. Doch es wird auch die geben, die schon geahnt haben, wie es hier einmal aussehen wird. Das Schanzenviertel direkt an der roten Flora, St.Pauli direkt am Spielbudenplatz – es gibt schon Orte in Hamburg wo man einen Vorgeschmack auf die HafenCity in zwei, drei Jahren bekommen kann. Und hier muss dann jeder in sich gehen und sich überlegen, ob das die Vision ist, die er sich vorgestellt hat. An den Streit um das Basketballfeld wird man sich wehmütig erinnern, was jetzt aber kein Aufruf sein soll, das Problem zu ignorieren. Wo Ärger und Lärm vermeidbar ist sollte er auch vermieden werden.
Nun hätte nur ein Satz aus Goethes Zauberlehrling folgen sollen: "Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister werd ich nun nicht los." Doch bei der Suche nach dem korrekten Zitat kam dann der Entschluss, für diejenigen, die Spass daran haben, das gesamte Gedicht folgen zu lassen:
Link zur Diskussion im HafenCityLeben-Forum
Der Zauberlehrling
Hat der alte Hexenmeister
sich doch einmal wegbegeben!
Und nun sollen seine Geister
auch nach meinem Willen leben.
Seine Wort und Werke
merkt ich und den Brauch,
und mit Geistesstärke
tu ich Wunder auch.
Walle! walle
Manche Strecke,
daß, zum Zwecke,
Wasser fließe
und mit reichem, vollem Schwalle
zu dem Bade sich ergieße.
Und nun komm, du alter Besen!
Nimm die schlechten Lumpenhüllen;
bist schon lange Knecht gewesen:
nun erfülle meinen Willen!
Auf zwei Beinen stehe,
oben sei ein Kopf,
eile nun und gehe
mit dem Wassertopf!
Walle! walle
manche Strecke,
daß, zum Zwecke,
Wasser fließe
und mit reichem, vollem Schwalle
zu dem Bade sich ergieße.
Seht, er läuft zum Ufer nieder,
Wahrlich! ist schon an dem Flusse,
und mit Blitzesschnelle wieder
ist er hier mit raschem Gusse.
Schon zum zweiten Male!
Wie das Becken schwillt!
Wie sich jede Schale
voll mit Wasser füllt!
Stehe! stehe!
denn wir haben
deiner Gaben
vollgemessen! –
Ach, ich merk es! Wehe! wehe!
Hab ich doch das Wort vergessen!
Ach, das Wort, worauf am Ende
er das wird, was er gewesen.
Ach, er läuft und bringt behende!
Wärst du doch der alte Besen!
Immer neue Güsse
bringt er schnell herein,
Ach! und hundert Flüsse
stürzen auf mich ein.
Nein, nicht länger
kann ichs lassen;
will ihn fassen.
Das ist Tücke!
Ach! nun wird mir immer bänger!
Welche Mine! welche Blicke!
O du Ausgeburt der Hölle!
Soll das ganze Haus ersaufen?
Seh ich über jede Schwelle
doch schon Wasserströme laufen.
Ein verruchter Besen,
der nicht hören will!
Stock, der du gewesen,
steh doch wieder still!
Willst am Ende
gar nicht lassen?
Will dich fassen,
will dich halten
und das alte Holz behende
mit dem scharfen Beile spalten.
Seht da kommt er schleppend wieder!
Wie ich mich nur auf dich werfe,
gleich, o Kobold, liegst du nieder;
krachend trifft die glatte Schärfe.
Wahrlich, brav getroffen!
Seht, er ist entzwei!
Und nun kann ich hoffen,
und ich atme frei!
Wehe! wehe!
Beide Teile
stehn in Eile
schon als Knechte
völlig fertig in die Höhe!
Helft mir, ach! ihr hohen Mächte!
Und sie laufen! Naß und nässer
wirds im Saal und auf den Stufen.
Welch entsetzliches Gewässer!
Herr und Meister! hör mich rufen! –
Ach, da kommt der Meister!
Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister
werd ich nun nicht los.
"In die Ecke,
Besen, Besen!
Seids gewesen.
Denn als Geister
ruft euch nur zu diesem Zwecke,
erst hervor der alte Meister."
Johann Wolfgang von Goethe