Ökumenisches Forum zum Hafengeburtstag
Bischöfin und Kirchenpräsident würdigen Rolle der Schweiz in Europa
Hamburg (tk). Bischöfin Maria Jepsen und der Schweizer Kirchenpräsident Thomas Wipf haben in Hamburg die Bedeutung der Schweiz für Europa hervorgehoben. Der vom Genfer Theologen Johannes Calvin (1509 bis 1564) geprägte reformierte Protestantismus, aber auch die Elemente der direkten Demokratie hätten viele andere Länder beeinflusst, sagte Wipf am Samstagabend bei einer Veranstaltung anlässlich des 820. Hamburger Hafengeburtstages. Dessen Partnerland ist in diesem Jahr die Schweiz. „Ohne Calvin wäre die Reformation deutsch geblieben“, so Thomas Wipf. „Mit ihm ist sie schon früh europäisch und weltweit relevant geworden.“ Die lutherische Bischöfin und der reformierte Kirchenpräsident, der auch Präsident der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) ist, trafen sich zum 4. Ökumenischen Forum in der Kapelle der ‚Brücke – Ökumenisches Forum HafenCity’.
Die Moderatorin, Pastorin Antje Heider-Rottwilm vom Ökumenischen Forum, stellte auch die Frage nach dem EU-Beitritt der Schweiz. Thomas Wipf beschrieb daraufhin anschaulich die sprachliche und kulturelle Vielfalt der Schweiz, die sehr von den Kantonen geprägt sei. Die Menschen wollten sich nicht fremdbestimmen lassen – obwohl die vielen bilateralen Verträge zwischen der EU und der Schweiz sicherstellten, dass die Schweizer de facto gute Europäer seien. Wichtig sei die Bewahrung der direkten Demokratie. „Dass die Schweiz diese Widerständigkeit zeigt, um die Frage der Bürgerbeteiligung wach zu halten, ist ein Stachel, der gut ist für Europa“, so Bischöfin Jepsen.
Wipf hob auch die aktuelle Bedeutung von Calvins Gedanken hervor: In Zeiten der Finanzkrise sei bemerkenswert , dass der Reformator die Begrenzung des Zinssatzes einforderte und damit einem maßlosen Gewinnstreben entgegentrat. Bischöfin Jepsen unterstrich den gesellschaftskritischen Impuls, mit dem die reformierte Tradition die lutherischen Kirchen herausfordert und den Blick schärft für gesellschaftspolitische Themen – sei es in früheren Jahren die Auseinandersetzung um die Apartheid, die Nachrüstungsdiskussion oder die Debatte um die Ambivalenz der Globalisierung. Dies mache deutlich, wie sehr die jeweilige Theologie durch den historischen Kontext bestimmt sei. Luther sei sehr viel mehr dem Denken in „Ständen“ und „Obrigkeiten“ verhaftet geblieben, während Genf zu Calvins Zeiten eine Stadt voller Flüchtlinge war, in der es um die konkrete Gestaltung des Überlebens und Miteinander-Lebens ging.
Wipf verwies darauf, dass es seit der 1973 auf dem schweizerischen Leuenberg unterzeichneten Konkordie endlich keine fundamentalen Differenzen mehr zwischen Reformierten und Lutheranern gibt. Umso wichtiger sei es, in der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) gemeinsame Positionen zu formulieren und mit den weiteren Kirchen der Region zu einem versöhnten und gerechten Europa beizutragen.
Für Rückfragen:
Pastorin Antje Heider-Rottwilm, Tel.: 040/36 09 17 56 oder 0172/516 27 99