Ab in die 50er
Mit Halunder Jet zum Denkmalschutz
An den Landungsbrücken liegt es: „mein Baby“, schwärmt Birte Dettmers, Geschäftsführerin der Flensburger FRS Helgoline. „Mein Baby deshalb, weil ich es von der Kiellegung bis jetzt betreue.“ Und dieses Baby ist mächtig gewachsen und kraftvoll. Mit fast 10.000 PS donnert es täglich ab 9 Uhr von Brücke 4 gen Helgoland, Deutschlands einziger Hochseeinsel.
Seit 30 Jahren fährt FRS den roten Felsen in der Nordsee an, befördert jährlich rund 140.000 Passagiere dorthin. Als erstes Schiff der FRS fuhr 1984 das beliebte Seebäderschiff Wappen von Hamburg, dann 1998 der Hochgeschwindigkeits-Katamaran Hanse Jet II. Seit 2003 fährt der Halunder Jet (Halunder = Helgoland auf helgoländisch) ab Hamburg mit Zwischenstopps in Wedel und Cuxhaven nach Helgoland. So richtig ins Zeug legen kann sich der Hochgeschwindigkeits-Katamaran ab Wedel, wenn er auf 36,5 Knoten (fast 70 km/h) beschleunigt und über die Wellen gleitet. Vier Maschinen treiben den Doppelrümpfer per faszinierendem Wasserstrahl an, vier Stunden dauert die Fahrt nach Helgoland.
Die Passagiere der Halunder Jet können Helgoland ganz entspannt anlaufen. Das umständliche Ausbooten entfällt, weil der Katamaran direkt im Südhafen an der Pier anlegt. Nach einem kurzen Fußweg über die neue Promenade fällt der Blick direkt auf die berühmten bunten Hummerbuden, in denen sich jetzt kleine Shops befinden. Und wer sich fragt, wo kommen all die kleinen Buden her und warum sehen die Häuser der Insulaner fast gleich bzw. so merkwürdig aus, dem sei eine Architektur-Führung empfohlen, die von FRS angeboten wird. Während dieses Rundganges, der von Architekten von a-tours (bieten auch Führungen u.a. durch die HafenCity an) begleitet wird, entfaltet sich der Charme der 50er-Jahre-Architektur. Oft werden die Häuser auf Helgoland belächelt und als nicht zeitgemäß bezeichnet, aber die Insulaner unterliegen aufgrund des Denkmalschutzes strengen Auflagen.
Nach den Zerstörungen des 2. Weltkrieges begann 1952 der Wiederaufbau. Die ehemals ebene Inseloberfläche wies nun Hügel und Täler auf, Teile des Felsens waren weggebombt. Hier ist heute das kaum bewohnte Mittelland. Dafür ist im Unterland auf der berühmten Einkaufsstraße Lung Wai mit den zollfreien Läden für Schnaps, Zigaretten, Bekleidung und Parfümerie mehr los, aber ein paar Schritte entfernt findet der Besucher ruhige, beschauliche kleine Reihenhäuschen, die von berühmten Architekten so konstruiert wurden, dass der Wind über sie hinwegfegt und die Bewohner nicht weggeblasen werden. Viele Details haben sich die Erbauer von dänischen Vorbildern, u.a. Arne Jacobsen, abgeschaut.
Die bunten Hummerbuden wurden 1955 nach Plänen des Hamburger Architekten Georg Wellhausen erbaut und dienten bis vor kurzem den Fischern als Lager. Interessant ist, dass sie die Stützmauern des durch die Sprengung von 1947 entstandenen Mittellandes bilden.
Der innerhalb weniger Jahre durchgeführte Wiederaufbau ist einzigartig in Deutschland und wird wegen der unveränderten 50er-Jahre-Architektur auch als „Blaue Mauritius der jungen bundesrepublikanischen Architektur“ bezeichnet.
Die nächsten Führungen finden statt am 19. Juli, 9. August, 6. September und 25. Oktober. Sie kosten zuzüglich zum Fahrpreis pro Person 25 Euro und sind zu buchen bei Helgoline unter 0461/864 44 oder www.helgoline.de.