Allgemeines Wehklagen
Elbphilharmonie wird teurer und später
„Hochtief ist für mich eine bösartige Heuschrecke“ sagt Jens Kerstan und landet damit in einer populistischen Ecke, die es sich einfach macht mit Schuldzuweisungen. Noch ein Jahr später soll die Eröffnung sein, noch mehr kosten. Schnell ist ein Schuldiger ausgemacht: Hochtief, gerne mal als Rechtsanwaltskanzlei mit angeschlossenem Baubüro gescholten. Doch mit diesem schnellem Urteil verliert man schnell aus den Augen, das es noch eine ganze Menge mehr Beteiligte gegeben hat und gibt, die sich in diesem Prozess nicht mit Ruhm bekleckert haben.
Daran wird sich Hamburg gewöhnen müssen: Die Baukosten der Elbphilharmonie sollen wieder um rund 30 Millionen Euro steigen. Mit diesen Nachrichten und dem anschließenden Wehgeschrei der Opposition geht es jetzt seit Baubeginn mit den Kosten kontinuierlich nach oben – genau wie der Baukörper wächst. Anfängliche Euphorie weicht dabei Entsetzen – zu Unrecht und zu Recht, je nachdem welche Seite man befragt. Wer den Bau- und Planungsprozess verfolgt hat begann sich mit jedem tieferen Einblick eh zu wundern, wie das anfängliche Versprechen der Kostendeckelung überhaupt zu halten war. Außer einem Entwurf der Architekten Herzog & de Meuron gab es am Anfang nicht viel, auf das eine realistische Kostenschätzung basieren konnte.
Die eigentlichen Planungen und Konstruktionen begannen erst mit der Vertragsunterschrift – und allen die Bescheid wussten war klar dass jetzt erst die Kosten nach und nach klar werden würden. Und realistisch betrachten ist diese Methode auch die, die es erst ermöglicht hat, diese Jahrhundertprojekt für Hamburg zu starten. Wäre von vornherein klar gewesen, wie viel der Umbau des Kaispeicher A wirklich kosten würde – Niemand hätte dazu Ja gesagt. Das dabei sowohl Hochtief als auch der Senat mit dem Feuer gespielt haben mag man als grob fahrlässig bewerten, aber zu diesem Zeitpunkt hatte das Projekt schon eine Eigendynamik entwickelt, die es keinem mehr ermöglicht hätte ohne Gesichtsverlust aus dem Bau der Elbphilharmonie auszusteigen. So muss ganz Hamburg die Augen schließen und hoffen mit einem blauem Auge davon zu kommen. Hochtief kommt dabei die Rolle zu abseits von Standardreflexen auch der Öffentlichkeit glaubhaft zu versichern, dass es nicht anders geht. Einen Crash können sich weder Hochtief noch Hamburg leisten.
So bekommt Hamburg ein Bauwerk mit weltweiter Wirkung und muss halt sehen, wie es die Finanzierung zustande bekommt – und darauf vertrauen, dass die daran beteiligten Firmen den Bogen nicht überspannen. Man darf darauf hoffen dass es einigermaßen funktionieren wird, dürfte doch die Elbphilharmonie nicht das letzte Bauwerk der Stadt sein, welches ausgeschrieben wird. Wer in den letzten Wochen eine der Führungen mitgemacht hat kann so langsam erkennen, welchen Gegenwert Hamburg dafür bekommt. Allein der Weg über Rolltreppe und Riesenwendeltreppe den Konzertsaal hinauf wird mehr als nur die Konzertbesucher anziehen. Zu Tausenden werden die Touristen die Kaiserhöft stürmen um einen Blick auf und vom Wunder zu werfen – und dann gilt es den ROI wieder einzusammeln. In Form von Parkgebühren, gastronomischen Angeboten und nicht zuletzt Konzerteinnahmen.
Die Forderungen nach einem Wechsel des Bauunternehmens, oder nach einem Baustopp sind auf jeden Fall nicht realistisch. Wichtig ist jetzt, den Schaden zu begrenzen und alle Beteiligte zu Disziplin aufzurufen