Alt-Hamburger Aalspeicher
Die Deichstrasse kennenlernen
Es kommt der Tag, da hat man einfach genug von Wasabi-Kartoffelpüree und Sushi, möchte einfach mal wieder ein ehrliches Fischgericht essen – doch wohin gehen und nicht in die Hände von Tiefkühlfisch- und Friteusenbarbaren geraten? Die Antwort ist einfacher als man sich vorstellen kann, der Weg nicht weit. Der Alt-Hamburger Aalspeicher in der Deichstraße gehört zu den unauffälligen kleinen Restaurants in Hamburg, die man seit Ewigkeiten vom Namen her kennt, meist Institutionen hanseatischer Traditionen, und trotzdem waren die meisten Hamburger noch nie dort essen. Das kleine grüne Haus in der Deichstraße gehört zu den ältesten in Hamburg, der große Brand begann ein paar Häuser weiter. Seit über dreissig Jahren in Besitz der Familie Eismann, ist der gute Geist des Hauses Oberkellner Marcus Böse. Böse ist ein Hort an Geschichten und Anekdoten aus der Geschichte des Restaurants, in dem schon Könige und andere große Häupter der Geschichte gegessen haben – und immer noch von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt tun.
Die Portiere der großen Hamburger Hotels schicken ihre Gäste in den Aalspeicher wenn grundsolide Fischküche und eine Weinkarte die alle Wünsche erfüllen kann, gefragt sind. Und dazu natürlich Ambiente: Die 14 Sitzplätze umfassende schmale Terrasse über dem Nikolaifleet bietet einen klasse Blick auf Fleet und Nikolaikirche. Innen lädt der neu gestaltete Sommergarten – ein verglaster Gang zwischen zwei alten Häuserfassaden – ein, gediegener geht es im eigentlichen Restaurant zu. Für seine exklusiven Gäste hält Marcus Böse den Clubraum im ersten Stock vor, hier speisen auch schon mal Hamburger Reeder und Großkaufleute unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu Mittag.
Aalspeicher klingt jetzt nach Spezialitätenrestaurant nur für Aal, da ist der Name aber irreführend. Natürlich gibt es auch Aal in allen Variationen, aber eigentlich ist der Aalspeicher ein Fischrestaurant, in dem es frischen Nordseefisch und nur diesen gibt. Kein Tiefkühlfisch aus Afrika oder Asien, und auch keine Seezunge aus dem Atlantik – Nordsee ist angesagt und laut Marcus Böse auch die einzige Region, aus der man in Hamburg wirklich frischen Fisch servieren kann. Diese Politik hat aber auch Folgen. Wenn die Seezunge alle ist, ist sie alle – kein geheimer Vorrat in der Tiefkühltruhe. Un die Seezunge sind groß – riesig und werden nach Gewicht abgerechnet. So kostet eine Portion nach „Müllerin Art“ oder gefüllt mit Krabben schon mal 40 Euro, aber danach ist jeder satt, auch der mit Seezunge ungeübte Esser.
Natürlich gibt es auch Seezungenfilet zum Festpreis, der wahre Jakob ist aber der ganze Fisch mit Specksalat oder Salzkartoffeln. Ansonsten ist natürlich die ganze Nordsee im Programm: Frische Büsumer Krabben auf Brot, mit Bratkartoffeln und mit Rühr- oder Spiegelei, Matjes in allen Variationen, die große Fischplatte, Scholle ganz oder als Filet und natürlich Aal. Räucheraal, Grüner Aal und gebratener Aal, auf Brot, mit Rührei und Bratkartoffeln, mit gestobten Kartoffeln und Apfelkompott und Speck. So ein Aalessen kann schon ein großer Spass sein: Zum Aal gehört immer ordentlich Schnaps, aus Zinnlöffeln getrunken damit die fettigen Finger keine Spuren auf Gläsern hinterlassen. Und zum Schluss werden die Finger auch mit einem Klaren gewaschen.
Wer in Begleitung von Vegetariern und Nicht-Fischessern unterwegs ist sollte Marcus Böse ansprechen, die Küche kann mehr als auf der Karte steht. Und für Kinder gibt es eine Extra-Karte auf der auch schon mal Kartoffelpuffer zu haben sind. Auch der Blick ins Salzwasseraquarium lohnt sich: Hier haben Austern, Langusten und Hummer ein kurzes Leben mit Blick auf die Deichstrasse. Zu Weihnachten gibt es dann mal was anderes als Fisch: Die Weihnachtsgans. Die gute Nachricht: der Aalspeicher hat 364 Tage im Jahr auf und bis 23 Uhr auch noch Küche. Von außen sieht man es nicht immer, aber ruhig mal reinsehen.Mittags gibt es eine kleinere Karte mit reduzierten Preisen, aber keinen reinen Mittagstisch. Wer Lust auf das große Programm hat bekommt es auch, mit Getränken zum kleinen Preis.
Die Suppen sind im übrigen jeden Tag frisch gekocht, nach immer noch geheimen Rezepten von der Chefin Marion Eismann selbst angesetzt.