Am Ende geht es doch nur um das Eine
Das ADC-Festival kommt in den Oberhafen
Im Mai fallen tausende Werber über den Oberhafen ein und verursachen – Ehrensache für die Branche – schon vorher eine ordentliche Bugwelle. Nicht jeder erkennt den Unterschied zwischen Sein und Schein, aber warum sollte es beim ADC-Festival anders sein als wie im richtigen Leben? Erstmalig in Hamburg findet das Festival statt – im Oberhafen vom 16. – 18. Mai. Das privatwirtschaftliche Festival der Werbebranche wird mit 150.000 Euro aus den Steuereinnahmen der Kulturtaxe unterstützt. In der letzten Februarwoche brandete der Kreativclub den öffentlichen Raum im Oberhafen und rief die „Republik Neuland“ aus. Gleichzeitig beantragte er die Staatsgründung einer Republik Neuland bei der Europäischen Union. Einer Pressemitteilung des ADC ist zu entnehmen, dass sich der Art Directors Club zukünftig „stärker einmischen und öfter zu gesellschaftlichen Themen äußern will“. Diese Einmischung ist ihm in Falle des Oberhafens sofort gelungen – aber wahrscheinlich nicht ganz so erfolgreich wie beabsichtigt. Zwar regte sich mäßiges Medieninteresse, aber so richtig sprang niemand auf den Zug auf und eine große öffentliche Diskussion blieb aus. Einzig einige Kreativaktivisten aus dem Oberhafen selbst stießen eine Diskussion an, deren Zielrichtung aber eigentlich eine ganz andere war – so Sebastian Libbert vom Oberhafenverein – als im auslösenden Abendblattartikel dargestellt. Und so gestaltete sich eine Diskussionsveranstaltung, zu der der ADC und der Oberhafenverein eingeladen hatten, ein wenig zäh. Zum einen, weil wie in Hamburg inzwischen bei politischen Kulturveranstaltungen üblich, die Zusammensetzung des Publikums an Stanislav Lems futurologischen Kongress erinnert, zum anderen weil die Ziele der Beteiligten zwar alle vordergründig unterschiedlich sein mögen, aber eigentlich doch alle das gleiche wollen. Böse Zungen könnten jetzt behaupten, dass dieses Ziel nichts mit dem Oberhafen und mehr mit Egoismus zu tun hat, im guten Sinne ist der aber ja bekanntlich die Triebfeder allen menschlichen Fortschrittes.
Jetzt ist es natürlich an der Zeit die Ziele der vermeintlichen Kontrahenden vorzustellen. Der ADC, auf dem Podium mit Stefan Preussler und Cedric Ebener vertreten, will einfach eine gute Zeit haben – und das möglichst preisgünstig und da bietet sich der Oberhafen mit seinen Schuppen an. Hamburg, auf dem Podium vertreten durch HafenCity GmbH Geschäftsführer Jürgen Bruns-Berentelg, will möglichst eine gute Wirkung auf die Werbemultiplikatoren haben – und das möglichst preisgünstig und da bietet sich der Oberhafen mit seinen Schuppen an. Die Engagierten aus dem Oberhafen – vertreten durch Sebastian Libbert von der Oberhafenkantine, dem Fotografen Carsten Kähler, der Verlegerin Alexandra Steinert und Thomas Mehlbeer vom Kammerkunstverein – geht es eigentlich darum, irgendeinen Nutzen aus der Anwesenheit der Werber im Mai zu ziehen. Das klingt jetzt vielleicht böse, ist aber gar nicht so gemeint, denn der Nutzen – so Libbert und seine Mitstreiter – kann durchaus aus so etwas Banalem wie ein paar öffentlichen Toiletten bestehen, die hinterher weiter genutzt werden können. Sanitäre Anlagen sind im Oberhafen zur Zeit das große Problem, hinter dem undichte Dächer und unzureichende Stromversorgung in den Hintergrund rücken – und der Wunsch nachvollziehbar. Die vierte Partei war nur im Publikum vertreten – nach dem Abendblattartikel hätte man mehr erwartet: Diejenigen, die mehr Kreativität in politischen Diskussionen und Befindlichkeiten unterbringen als in ihre eigentlichen kreativen Aktionen.
Hier war auch neben der Oberhafenkantine nicht festzustellen was sie wirklich wollen – außer das ihnen mal jemand zuhört der nicht weglaufen kann. Und so drückt man Libbert und seinen Mitstreitern die Daumen das etwas Nützliches zurückbleibt nach Abzug der Werber. Ob man dafür Diskussionen braucht, bei denen die Hälfte des Publikums aus Funktionären der Stadt besteht, sei einmal dahingestellt. Der ADC selbst wird dabei schlicht kommen, kurz ein wenig Trubel verursachen und wieder gehen – nichts was eine politische Grundsatzdiskussion rechtfertigen würde.