Auf Zuwachs gebaut

Erasmusbrücke und der Wilhelminapier mit der Regal Princess
Erasmusbrücke und der Wilhelminapier mit der Regal Princess

Auch andere Städte haben schöne HafenCitys: Rotterdam

Wer unvorbereitet in Rotterdam, Hamburgs ärgstem Konkurrenten in der Gunst der Reedereien, eintrifft, wird zunächst durch die bloße Höhe der Gebäude in der Rotterdamer Innenstadt und der dortigen HafenCity überrascht werden. Trotz der rund dreimal geringeren Zahl der Einwohner sowohl in der eigentlichen Stadt als auch in der Metropolregion wirkt die zweitgrößte niederländische Stadt viel mehr wie eine Metropole als Hamburg. Dabei wirkt vieles wegen der relativ geringen Zahl der Menschen auf den breiten Boulevards wie auf Zuwachs gebaut.

Beliebtes Verkehrsmittel auf den Wasserflächen ist das Wassertaxi
Beliebtes Verkehrsmittel auf den Wasserflächen ist das Wassertaxi

Natürlich haben diese breiten Straßen – wie in Holland üblich – separate Fahrradwege, und es sind mehr Fahrräder auf den Straßen unterwegs als Autos. Rotterdam ist am Ende des zweiten Weltkrieges einen sehr viel radikaleren Weg bei dem Wiederaufbau der Stadt gegangen als Hamburg. Die Grundstücksbesitzer in der Stadtmitte wurden gegen Entschädigung enteignet, der Boden aufgegraben und sämtliche Leitungen und Abwasserkanäle entfernt, um wirklich einen kompletten Neubeginn in der Stadt zu ermöglichen. Ebenfalls radikaler waren die Stadtväter bei der Neuorganisation der Stadt. Sie wurde in ihre Funktionen aufgeteilt und der Stadtkern gewollt modern und ambitioniert aufgebaut. Der Metropolencharakter wird dabei durch die vielen hohen Gebäude erzeugt, die in einer solchen Dichte in Europa selten sind. Gebäude mit über hundert Metern Höhe sind dabei nicht selten.

Rotterdam ist halb so groß wie Hamburg und hat doppelt so hohe Gebäude
Rotterdam ist halb so groß wie Hamburg und hat doppelt so hohe Gebäude

Schon in den 80er Jahren startete die Stadt mit der Aufwertung derjenigen Hafengebiete, die im Zuge der Verlagerung der Häfen an die Maasmündung ihre eigentliche Funktion verloren hatten. 20 Jahre Vorsprung bei dieser Entwicklung zeigen eindrucksvoll, wie eine HafenCity auch aussehen kann. Ohne ein wenig Neid kann ein Hamburger nicht an der Wasserkante gegenüber des neuen Wahrzeichens Rotterdams – der Erasmusbrücke – wandeln. Kop van Zuid ist als ein Teil der Reurbanisierung der alten Hafenviertel architektonisch großartig geworden, vereint aber auf kleiner Fläche mustergültig auch alle Probleme dieses Prozesses. Die neuen Stadtteile waren bei den wohlhabenden Schichten derart beliebt, dass die angestammte Bevölkerung ziemlich schnell verdrängt wurde.

Die Markthalle ist eines der Aushängeschilder der Rotterdamer Architektur
Die Markthalle ist eines der Aushängeschilder der Rotterdamer Architektur

Aber zurück zu den subjektiven Eindrücken: Gerade in den Stadtteilen an der Hafenkante wirkt die Architektur Rotterdams ein wenig mutiger, großartiger als die Hamburgs. Gerade das Kreuzfahrtterminal macht das deutlich, wenn ein Kreuzfahrer vor dem Terminal liegt. Selbst ein Gigant wie die Regal Prinzess muss sich der Waterfront am Wilhelminapier unterordnen, das sich in direkter Nachbarschaft des historischen Piers der Holland America Lijn befindet, von wo aus sich Millionen Auswanderer auf den Weg gemacht haben. Alles in allem ist Rotterdam eine Stadt, die neugierig macht und die seit Kurzem eine tägliche Flugverbindung mit Hamburg verbindet – knapp über eine Stunde brauchen die Fokker 50 der VLM für den Weg zwischen den Hafenstädten.