Ausstellungstipp
„Götter, Götzen und Idole“ bevölkern das Museum für Kunst und Gewerbe
Den Himmel der antiken Kulturen bevölkerten viele Götter. Die Menschen machten sich von jeher aus Holz, Ton oder Stein ein Bild von ihnen. Einen beispielhaften Rundgang durch die Götter- und Menschenbilder der frühen Hochkulturen bietet die Ausstellung „Götter, Götzen und Idole“ im Museum für Kunst und Gewerbe. Rund 210 Figuren aus der Zeit von 5000 v. Chr. bis 300 n. Chr., aber auch einen Einblick in die Forschungsgeschichte präsentiert das Haus am Hauptbahnhof bis zum 30. April.
Gleich am Eingang des Museum empfängt den Besucher ein weißer BMW 507 des deutschen Designers Albrecht Graf von Goertz – ein Anblick, bei dem so manchem Autoliebhaber das Herz höher schlägt. Um Kultobjekte ganz anderer Art geht es in der gerade eröffneten Ausstellung. Im Mittelpunkt stehen dort Idole – Abbilder. Seit der Altsteinzeit schuf der Mensch meist kleine, abstrakte, stilisierte Figuren. Sie können Götter wie auch Menschen, Tiere oder Dämonen darstellen und dienten als Talismane oder Weihegaben. Oft wurden ihnen magische Kräfte zugesprochen, sie sollten Glück bringen oder vor bösen Geistern schützen. Häufig sind es Frauengestalten, die mit großen Brüsten und üppigen Hüften bei Fruchtbarkeitskulten oder Initiationsriten genutzt wurden. Möglich auch, dass sie bemalt, bekleidet oder mit Schmuck verziert wurden. Für Museumsleiterin Sabine Schulze ist die Ausstellung denn auch eine „Expeditionsreise in die Geschichte der Menschheit.“
Die meisten Figuren der Ausstellung stammen aus dem orientalischen Raum, aus dem Iran, Jemen und Ägypten, Griechenland und Italien. Aus Anatolien kommt zum Beispiel die weibliche Doppelfigur aus Bergkristall, die im vierten Jahrtausend vor Christus gefertigt wurde. Durch einfache Ritzlinien sind Kopf, Arme und der Körper hervorgehoben. Die Oberschenkel und die hervorgehobene Bauchfalte deuten auf Fettleibigkeit, die für die Fruchtbarkeit steht. Mit den Händen umfasst die Frau ihre Brüste. „Diese Geste ist über Jahrtausende bei den verschiedensten Idolen im Vorderen Orient verbreitet“, weiß Ausstellungskurator Dr. Frank Hildebrandt. Im norddeutschen Raum finden sich dagegen vor allem hölzerne Kultobjekte, wie sie für germanische Heiligtümer belegt sind. Einige wenige sind in Mooren erhalten geblieben – wie die Idole von Wittenmoor bei Hude, die einen Bohlenweg durch das Moor säumten.
Die Götzen – ursprünglich die Bezeichnung für kleine Götter – bekommen erst mit Luther einen schlechten Ruf: Götzen sind alles, „woran der Mensch sein Herz hängt“, definierte er. Die Folge war der Bildersturm der Reformation. Eine neue Wertschätzung erhalten die Menschen- und Götterdarstellungen erst seit dem 18. Jahrhundert. Die Ausstellung widmet sich in einem zweiten Teil dieser Forschungsgeschichte, die mit Johann Joachim Winckelmann (1717-1768), dem Begründer der modernen Archäologie, beginnt. Auch den spektakulären Irrungen der Wissenschaft ist dabei ein Raum gewidmet: Zu bestaunen sind dort die „Prillwitzer Idole“: Slawischen Götterfiguren, die die Brüder Sponholz aus Schwerin angeblich zwischen 1770 und 1800 entdeckten und gut vermarkteten. Sie wurden erst 1834 als Fälschungen entlarvt.
Wem nach diesem Spaziergang durch die Welt der antiken Kultobjekte noch der Sinn nach modernem Kult steht, der braucht nur die Treppen hochsteigen, um sich an den Designobjekten von Albrecht Graf von Goertz in der Ausstellung „Made in USA“ zu ergötzen.
„Götter, Götzen und Idole“ sind bis zum 30. April im Museum für Kunst und Gewerbe am Steintorplatz zu sehen. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags 11-18 Uhr, donnerstags 11-21 Uhr.