Born to be Wild – Wenn auch nur für ein Wochenende
Harley Days
Ja, ich weiß: Keine dieser Maschinen wäre durch einen TÜV gekommen der noch etwas auf sich hält, und eigentlich hätte die Polizei die Motorräder an der Stadtgrenze zu hunderten aus den Verkehr ziehen müssen – wie den einen oder anderen Porsche oder Ferrari aus der Nachbarschaft. Aber: Einfach mal alle Regeln vergessen und Fünfe gerade sein lassen ist auch ganz nett. Eigentlich sollten die Harley Days dieses und nächstes Jahr – wenn es nach einigen Politikern ginge für immer – die Stadt Hamburg verlassen.
Das Image der „American Irons“ passe nicht mit dem Image der Umwelthauptstadt 2011 zusammen. Glücklicherweise gab die Aussicht, als ultimative Spaßbremse zu gelten dann doch den Ausschlag für die Harley Days – zu Recht. Als Mensch ohne Motorradführerschein absolut unverdächtig mit Motorradfahrern zu sympathisieren, war die Faszination der Harley Days für alle spürbar und zog eine unglaubliche Menge von Besuchern auf das Großmarktgelände am Oberhafen. Wilde Gesellen und ebenso viele wilde Gesellinnen machten mit zum Teil atemberaubenden Outfits auf ihren Maschinen in ohrenbetäubender Lautstärke auf sich aufmerksam und schafften es selbst die Balkons in der HafenCity das Wochenende mit einem permanenten Brummen wie ein Hornissenschwarm zu versorgen. Gibt es eigentlich wilde Bärte zum Aufkleben? Tattoos zum Aufkleben kennt man ja schon, doch so manch einem Urtypen konnte man sich nicht im Anzug oder Arztkittel vorstellen – ein gerne bemühtes Vorurteil gegenüber Harley-Fahrern.
Das Alter lag bei den Herren aber erkennbar höher als das sie als jugendlich durchgehen würden. Die gespeilte Musik auf dieser Art Festivals spricht eine klare Sprache. Viele von ihnen sind mit „Easy Rider“ und Dennis Hopper im Hinterkopf aufgewachsen – der hohe Anteil an grauen Bärten spricht Bände. Jünger sind erstaunlicherweise der inzwischen höhere Anteil an weiblichen Harley-Fahrern, teils wild, teils California-Sun-Girl, dabei einen eigenen Mythos zu gründen. Und es ist friedlich, man bestaunt sich und die anderen, man bestaunt die Maschinen und die wilden Outfits. Eine ganz und gar harmlose Veranstaltung, die am Großmarkt jetzt ihren ultimativen Standort gefunden hat. Kaum von der Autobahn fällt man schon auf den Großmarkt, was will man mehr. Und Wohnbebauung? Noch weitestgehend Fehlanzeige!
Nun sollen die Harley Days nächstes Jahr endgültig einmal aussetzen – wegen der Umwelthauptstadt. Stellt sich die Frage: Wen interessiert das eigentlich, der Titel „Europäische Umwelthauptstadt“? Und wen interessiert es, ob in diesem Jahr die Harley Days stattfinden oder nicht? Man könnte ja die Forderung aufstellen, den Hafengeburtstag ausfallen zu lassen. Allein die Abgase der teilnehmenden Kreuzfahrtschiffe dürften die Harley Days locker schlagen, oder, um etwas nahe Liegendes zu fordern: Vollsperrung von Willy-Brand-Straße und Sandtorkai. Was da an manchem Nachmittag oder Morgen in die Luft gepustet wird sprengt eh jede Vorstellungskraft. Also Politiker: Scheinheiligkeit beiseite und schlicht mal im Sinne und Interesse von Hamburg gedacht. Einmal Harley Days bringen mehr für den Ruf Hamburgs als das zweifelhafte Vergnügen der europäischen Umwelthauptstadt.
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