Buchtipp: „Vom Brook zur Speicherstadt“
Bildbandvorstellung im Speicherstadtmuseum
Am 22. September wurde der historische Bildband „Vom Brook zur Speicherstadt“ im Speicherstadtmuseum vorgestellt. Die passende Location für die Präsentation des 120 Seiten starken Buches, das reich illustriert mit Fotos von Georg Koppmann und Friedrich Stumper sowie Zeichnungen von EbbaTesdorpf ist. „…und das nur alles nebenbei“, bemerkt Harry Braun des öfteren, wenn er dem begeisterten Publikum wieder eine Anekdote aus seinem oder aus dem Leben seiner Vorfahren zum Besten gibt – und die sind interessant:
Harry Braun, Jahrgang 1931, ist ein Hamburger Original: der gelernte Ewerführer fuhr nach Erwerb der Elbpatente auf Barkassen und Schleppern und war 30 Jahre auf Feuerlöschbooten tätig. Er kennt den Hamburger Hafen nicht nur aus den Erzählungen seines Vaters und Großvaters, die dort auch schon tätig waren, sondern somit bestens aus eigener Erfahrung. Dorothée Engel hat 20 Jahre als Lektorin und Verlagsleiterin gearbeitet und machte sich 2005 mit dem „Hamburger Buchkontor“ selbstständig. „Vom Brook zur Speicherstadt“ ist das zweite Buch, das die beiden gemeinsam realisieren. Der Bildband dokumentiert das Leben auf dem nördlichen Grasbrook, den Abriss der Wohnhäuser und Kontore und den Bau der ersten Lagerhäuser in der Zeit von 1883 bis 1888. Viele Auftragsfotos wurden vom Viertel mit seinen Bewohnern vor Abbruch der Häuser gemacht. Mit diesem Buch wird ein Stück Hamburger Geschichte lebendig, das die Hansestadt nachhaltig prägte.
Für den Zollanschluss und den geplanten Freihafen wurden 1.000 Häuser abgerissen, 20.000 bis 24.000 Menschen, viele davon Handwerker und Hafenarbeiter, verloren ihr Zuhause und mussten bis Hammerbrook, Rothenburgsort und Barmbek umziehen; Unterstützung von der Stadt gab es dabei nicht. Nur die reichen Kaufmannsfamilien hatten es besser – sie bauten ihre Gartenhäuser an der Elbchaussee und an der Alster einfach aus und zogen dorthin.
Auf den Fotos und Zeichnungen sehen wir, wie es vor der Speicherstadt in unserem Stadtteil ausgesehen hat. Die Fachwerkhäuser, mit ihren Treppen vor den Häusern, auf deren Stufen man sich setzte um mit den Nachbarn zu plaudern, muten aus heutiger Sicht romantisch an. Doch die Wahrheit sieht anders aus: „in einer typischen althamburgischen Hofwohnung erblickte ich das Licht der Welt, das heißt (…) nur das schwache Licht einer Petroleum-Küchenlampe, obgleich es 8.00h morgens an einem Augusttag des Jahres 1877 war. Um sich das vorstellen zu können, muss man wissen, dass das Schlafzimmer (…) ein dunkler, fensterloser Raum war (…) eine türlose Öffnung stellte die Verbindung zur Wohnstube her (…). Die Küche war nur nach der Hofseite hin durch ein schmales Fenster erhellt, sodass im hinteren dunklen Teil stets eine kleine Petroleumlampe brennen musste“.
Doch auch damals schon haben die Bewohner ihren Stadtteil geliebt: „(…) noch hundert Schritte und ihr steht auf der St.-Annen-Brücke. Nun seid ihr zur Stelle. (…) Und nun – wenn eine malerische Ader in euch ist – gibt es wohl in ganz Hamburg ein hübscheres Bild, als das ihr dort auf der Brücke vor Augen habt?“
Wenn Sie sich auch ein Bild von damals machen möchten, oder erfahren wollen, was z.B. „Zippelhaus“ und „Kibbelstieg“ bedeutet, dann beeilen Sie sich:
„Die halbe Auflage ist schon verkauft“, vermerkt Dorothée Engel stolz – das kann man, wenn man das Buch erst mal gesehen hat, gut nachvollziehen.
Buchtipp: „Vom Brook zur Speicherstadt“ / Autoren: Harry Braun und Dorothée Engel, erschienen im September 2010 im Sutton Verlag
(Text: Anja Frauböse, Fotos: Brigitte Wollmann)