Da waren es nur noch Zwei
ING Real Estate steigt aus
Nicht nur Eingeweihte ahnten es schon lange, dass da etwas faul ist, im Herzen der HafenCity. Allzu lange gähnte eine Lücke dort, wo jetzt die U4 ihre Passagiere ausspeien wird, eigentlich hätten die Bauarbeiten für die großen Gebäude rund um die U4-Haltestelle Überseequartier schon im vollen Gange sein müssen. Schon im Frühjahr wurde auf die Frage, warum denn die Grundsteinlegung für das südliche Überseequartier noch nicht stattgefunden habe, nur noch ausweichend geantwortet. Es folgte eine lange Pause in der die Gerüchteküche schon wusste, was in diesen Tagen an die breite Öffentlichkeit dringt: Das Überseequartierkonsortium besteht aus ING Real Estate, SNS Property Finance und Groß & Partner war sich nicht einig und hatte sich – platt gesagt – zerstritten. Die Konsequenzen aus diesem Streit waren ein Stopp der Bautätigkeit – Stillstand. Hinter den Kulissen waren alle Partner angestrengt bemüht, eine tragfähige Lösung zu finden, die den Weiterbau des südlichen Überseequartiers ermöglicht, selbst der Einstieg der eigentlich ungeliebten ECE war zu einem Zeitpunkt eine mögliche Option. Die Lösung die jetzt gefunden wurde, zeigt, mit welch harten Bandagen tatsächlich gekämpft wurde, und wie ernsthaft nach einer Lösung gesucht wurde. Die ING Real Estate verlässt das Konsortium und die beiden verbleibenden Partner zahlen den Aussteiger aus. Klingt einfach, ist es aber nicht, denn Mittel in einer solchen Höhe müssen erstmal aufgebracht werden – ein gutes Zeichen für die Ernsthaftigkeit der Bestrebungen der verbleibenden Partner, das südliche Überseequartier zu entwickeln.
Das nun eine Lösung gefunden wurde, heißt aber noch lange nicht, dass die Arbeiten sofort weitergehen. Die Planungen werden noch einmal überarbeitet, die Zeit und Erfahren haben Schwächen am ursprünglichen Konzept erkennen lassen. Die Fertigstellung ist also – realistisch gesehen – so in etwa zeitgleich mit der Fertigstellung der Elbphilharmonie zu sehen. Keine gute Nachrichten für die Geschäftsleute im Überseeboulevard, die auch auf die Zugwirkung von weiteren großen Geschäften im südlichen Überseequartier gebaut hatten – es fehlen 50.000 qm Gewerbeflächen von den geplanten 60.000 qm. Auch der Senat sollte eine Lehre aus den Erfahrungen mit dem Überseequartier ziehen. Entgegen den eigentlichen Grundsätzen der eher kleinteiligen Vergabe von Flächen in der HafenCity mit Anhandgabeverfahren stand hier der Verkauf eines kompletten Areals an einen Investor an – mit den zu sehenden Folgen. Wäre auch hier der Standardweg gegangen worden, wäre die Entwicklung wesentlich krisenunanfälliger gewesen, wie am Rest der HafenCity gut zu erkennen ist. So bleibt die Riesenbaugrube der HafenCity noch eine Weile erhalten und seltene Tierarten haben die Chance sich in den Teichen im schon vorhandenen Fundament anzusiedeln. Im Interesse aller Beteiligten und auch der Stadt Hamburg mag man den beiden verbliebenen Partnern die Daumen drücken, das jetzt zügig die Planungen abgeschlossen werden und dann wieder Bauarbeiter das Bild rund um die U4-Ausgänge prägen. (MK)