Das Ende der Welt

Buchtipp

Weg. Einfach weg. Raus aus dem Alltag, die Arbeit und sein Umfeld hinter sich lassen, etwas Neues erleben, Grenzen austesten, leben.

Louise und Lodovic, ein junges Pariser Paar, sind von ihrem Leben gelangweilt; sie beschließen, ein Sabbatjahr einzulegen und mit einer Segeljacht die Welt zu umreisen.

Als sie bei schlechtem Wetter einen Ausflug auf eine unbewohnte Insel vor Kap Hoorn machen und zurück zu ihrem Boot wollen, ist dieses nicht mehr da: Der Sturm hat es mit sich fortgerissen.

„‚… das Schiff … kann nicht sein … nicht mehr da …‘ Sie stammeln, murmeln etwas, kneifen die Augen zusammen, als wollten sie das Bild noch einmal korrigieren, das sich ihnen da bietet. Es ist alles nur ein böser Traum. Man muss den Film der Nacht bloß zurückspulen und die Dinge wieder in ihren normalen Lauf bringen. Sie hätten aus der Tür kommen, Jason wie zuvor beruhigend reglos daliegen sehen und scherzend zum Strand hinuntergehen sollen. Doch die Realität verharrt in ihrer Grausamkeit. Das Boot ist verschwunden.“

Fassungslosigkeit breitet sich aus, doch irgendwann müssen sie sich eingestehen, dass das Boot wirklich weg ist – und sie sich auf einer Insel befinden, die nur einmal im Jahr von Forschern angesteuert wird. Louise und Lodovic richten sich einen Raum in einer alten Walfangstation ein, die sie sich mit Ratten teilen müssen. Bis auf einige abgelaufene Lebensmittel gibt es hier nichts außer Kälte, Sturm und Einsamkeit.

Die Zeit geht ins Land: Während die ruhige und zögerliche Louise an dieser ausweglosen Situation wächst, fällt es der Frohnatur Ludovic zunehmend schwerer, sich mit dem Leben auseinanderzusetzen. Um nicht zu verhungern, töten sie Pinguine. Mehr als das, was sie auf der Haut tragen, haben sie nicht. Was als ein kleines Abenteuer geplant war, endet in einem existenziellen Kampf um Leben und Tod.

Spröde Felsen, karge Vegetation, Sturm, grauer Himmel, Regen, Kälte – wer das „Fin del Mundo“, das Ende der Welt, schon mal bereist hat, kann die Härte der Natur, die Autissier beschreibt, unmittelbar spüren. Wie gehen zwei Menschen in dieser ausweglosen Lage miteinander – und auch mit sich selbst – um, fernab jeglicher Zivilisation? Und wie mit der Frage, wie es weitergehen soll?

„Herz auf Eis“ ist ein packender Roman, der sich mit dem Existenziellen auseinandersetzt – dem Kampf und der Hoffnung, zu (über)leben.

Die Autorin Isabelle Autissier lebt in La Rochelle; 1991 erregte sie Aufsehen als erste Frau, die allein die Welt umsegelte. „Herz auf Eis“ war für den bekanntesten französischen Literaturpreis, den Prix Goncourt, nominiert.

Isabelle Autissiers „Herz auf Eis“ ist im März 2017 im mareverlag erschienen.

224 Seiten, 22 Euro, gebundene Ausgabe