Das Portemonnaie war gestern – in Zukunft wird mobil gezahlt
Die rund 6.300 Einwohner der mikronesischen Yap-Inseln haben wahrscheinlich von Europa oder gar Hamburg bisher wenig bis gar nichts gehört. Umso erstaunter wären sie, wenn sie wüssten, dass sie bei einer innovativen Bezahllösung Pate gestanden haben: Yapital, nach eigener Aussage Europas erster Bezahldienst, den der Kunde mobil, im Laden, online, für Überweisungen oder auch für das Senden von Geld an andere Nutzer einsetzen kann, soll das Bezahlen per Smartphone durch das Scannen eines QR-Codes revolutionieren.
Yapital wurde im Juni 2011 als 100-prozentige Tochter der Otto-Gruppe in Luxemburg gegründet und erhielt 2012 von der luxemburgischen Finanzaufsicht die Lizenz als elektronische Bank. Inzwischen arbeiten in Hamburg und Luxemburg rund 130 Mitarbeiter für Yapital. Zukunftsvision des mobilen Bezahldienstleisters ist, dass der Kunde ohne Portemonnaie aus dem Haus geht und per Smartphone shoppt, tankt, essen oder ins Kino geht und, und, und …
Zuvor muss er sich bei Yapital ein Konto einrichten, kann dann eine kostenlose App unabhängig vom Betriebssystem des Handys herunterladen und los geht’s mit allen Aktivitäten rund ums Geldausgeben. Der Bezahlvorgang ist immer gleich: Dem Kunden wird ein QR-Code angezeigt, den er mit der Yapital-App auf seinem Smartphone einscannt. Dieser Code enthält nur die nötigsten Zahlungsinformationen: Betrag, Ort und Uhrzeit der Zahlung. Nach Abschluss des wirklich einfachen Bezahlvorgangs erhält der Kunde eine sekundengenaue Transaktionsübersicht. Bezahlen leicht gemacht – vor allem auch bei Überweisungen, bei denen die lästige Eingabe von IBAN und BIC wegfällt.
Für den Endverbraucher ist Yapital kostenlos, Händler zahlen – wie bei anderen Bezahldiensten auch – eine Gebühr pro Transaktion. Nur anderthalb Jahre nach dem Startschuss hat Yapital 500 Händler unter Vertrag – darunter die Rewe-Gruppe, Douglas, Sky, SportScheck, Görtz, Hansa-Taxi und natürlich Otto. „Ab Mitte des Jahres können unsere Kunden in ganz Deutschland bei Total tanken“, verkündet PR-Chef Martin Zander bereits den nächsten Deal. Total besitzt mit über 1.100 Stationen das drittstärkste Tankstellennetz in Deutschland und verzeichnet hierzulande täglich mehr als 650.000 Kunden.
Rund 50 Prozent aller Deutschen besitzt ein Smartphone, und vor allem die unter 30-Jährigen können es sich gut vorstellen, per Handy zu bezahlen. Die Entwicklung lässt sich nicht aufhalten. Die Unabhängigkeit vom Bargeld lockt und das Handy ist ohnehin immer in der Tasche – mehr als 150-mal soll ein durchschnittlicher Smartphone-User täglich auf sein schon lange nicht mehr nur als Telefon genutztes Gerät schauen. Bei den über 60-Jährigen ist die Skepsis am größten, vor allem aus Sicherheitsaspekten. Dabei ist es erwiesen, dass man eher sein mit Karten und Bargeld voll ausgerüstetes Portemonnaie als sein Handy verliert. Und die sensiblen Nutzerdaten sind bei Yapital nicht auf der App, sondern auf den Hochsicherheitsservern der Firma gespeichert. Die Yapital-App ist durch eine PIN gesichert und kann jederzeit gesperrt werden.
Und um zum Schluss noch das Rätsel aufzulösen, wie die Firma bei der Namensgebung auf die idyllische Inselgruppe stieß: Mehrere Jahrhunderte wurde dort mit Steinscheiben, die so groß wie Wagenräder sein konnten und bis zu fünf Tonnen wogen, bezahlt. Das besondere dieses Steingeldes, Rai genannt, war: Der Besitzwert galt unabhängig davon, wo sich der Stein tatsächlich befand – er wurde nur virtuell ausgetauscht. Ging der Stein zum Beispiel bei einer Überfahrt verloren, merkten sich die Tauschpartner einfach den Ort des Geschehens und nutzten das versunkene Stück dennoch weiter als Zahlungsmittel. Selbst wenn der Rai seinen Besitzer wechselte, verblieb die Steinscheibe oft aufgrund des Gewichts an ihrem Platz. Die erste virtuelle Währung war geboren. DG