Die Sorgen des Herrn Kaiser

Joachim Kaiser vor dem Schlepper Fairplay VIII
Joachim Kaiser vor dem Schlepper Fairplay VIII
Von Schiffen und Kränen

Joachim Kaiser hat einen schweren Job. Eigentlich soll er im Sandtorhafen für maritimes Flair sorgen und Anwohnern, Investoren und Touristen für die Geschichte des Hafens begeistern und einen Kontrapunkt zur modernen Architektur der HafenCity setzen. Das Vorstandsmitglied der Stiftung Hamburg Maritim hat eigentlich an vielen Brennpunkten zu tun, doch der Sandtorhafen nimmt zunehmend seine Zeit in Anspruch.  Dabei fing alles so schön an. Bei der Einweihung des Traditionsschiffhafens vor fast genau einem Jahr zeigten die Anwohner, wie sehr sie sich auf alte Schiffe und Hafenatmosphäre freuten. Doch schon damals zeigte sich, dass Wunsch und Wirklichkeit nicht immer deckungsgleich sein müssen.

Der -Lange Morgen- wird aufgestellt
Der -Lange Morgen- wird aufgestellt
Der Dampfeisbrecher Stettin war der erste Stein des Anstoßes, der vorführte , dass Schiffe zwar romantisch sein können, aber das Eintreten der Realität (in Form von Kohlenrauch) auch desillusionierend sein kann.  Seit der Einweihung ist viel passiert, und Joachim Kaiser hat inzwischen Beschwerden aller Art erhalten.  Dem einen sind zu wenig Schiffe im Hafen, dem anderen die Falschen.  Wiederum andere stören sich an den Dampfschiffen, andere an den historischen Kränen. Planungs- und Ausführungsfehler erschweren die Arbeit zusätzlich. Von einer wachsenden Schar von enthusiastischen, freiwilligen Hafenmeistern unterstützt, mit Jürgen Angerer an der Spitze, machte sich die Stiftung Hamburg Maritim an die Arbeit, die Vision von einem vitalen Traditionsschiffhafen (und nicht von einem Museumshafen) mit Leben zu füllen. Selbst wenn man die angesprochenen Probleme außer Acht lässt, keine einfache Aufgabe.

 

Insgesamt drei Krane werden die Kaiserkaipromenade schmücken
Insgesamt drei Krane werden die Kaiserkaipromenade schmücken
Fahrbereite Traditionsschiffe fallen nicht vom Himmel. In jedem Schiff stecken teilweise unvorstellbare Mengen an Arbeit, Enthusiasmus, Wissen und auch Geld. Und auch Frustration. Das Beispiel der hölzernen Kreuzeryacht Artemis, bei der, frisch restauriert, ein Pilz die Arbeit von Jahren wieder zunichte gemacht hat, ist nur eines von vielen. Der Stolz der Traditionsschiffflotte sind die Dampfschiffe. Segelschiffe sind toll, alte Motorschiffe auch, die Dampfschiffe aber sind die „Diven“ unter den Traditionsschiffen. Die Kessel müssen behutsam angeheizt werden, um nicht zerstört zu werden, ein wahres Labyrinth aus Röhren und Stahl versucht aus Feuer und Wasser Dampf und Bewegung zu machen. Fahrbereite große Schiffe wie die Schaarhörn, die Stettin und auch die Elbe erfordern Knowhow und permanente Arbeit – und natürlich auch Menschen, die willens sind, diese Arbeit zu machen. Und das nur ganz nebenbei: Der Sandtorhafen hat Geschichte gemacht als Dampfschiffhafen, auch wenn er immer auch von Segel- und später Motorschiffen angelaufen wurde.

Ein weiteres Schmuckstück der Stiftung Hamburg Maritim - Die Schaarhörn
Ein weiteres Schmuckstück der Stiftung Hamburg Maritim - Die Schaarhörn
Bei vielen Besatzungen der heutigen Traditionsschiffe herrscht Zurückhaltung gegenüber dem neuen Hafen. Dampfschiffen ist das Anheizen auf der nördlichen Elbseite seit langem untersagt, und im Sandtorhafen sind viele Schiffe weit weg von ihrer gewohnten Infrastruktur und den Wohnorten der Besatzungen. Die  Sandtorhafen-Klappbrücke ist ein Hindernis für jedes größere Schiff, und die Lage zwischen Wohnhäusern behindert intensives Arbeiten an den Schiffen.

Die aber nur in den Hafen geschleppt werden darf
Die aber nur in den Hafen geschleppt werden darf
Umso erfreuter ist die Stiftung über Schiffe, die sich trotzdem auf solche Risiken einlassen. Der Dampfeisbrecher Elbe war ein solcher Glücksfall. Ein komplett privat finanziertes Schiff, das versucht, mit Gästefahrten für seinen Erhalt zu sorgen. Doch als Dampfschiff war die Elbe schnell Gegenstand von Anwohnerbeschwerden über den Kohlegeruch. Im Gegensatz zu hartnäckigen Widersachern unter den Anwohnern versucht Joachim Kaiser aber auszugleichen. Er kann die Anwohnerbeschwerden durchaus nachvollziehen, versucht die Elbe aber doch zu halten. „Der Skipper der Elbe verwendet emissionsarme Briketts und kann die Kessel wirklich schnell auf Betriebstemperatur bringen – auf eigenes Risiko – und ist darauf angewiesen, mit Gästen Ausfahrten zu unternehmen“ sagt Kaiser. Kaum ein anderer Anleger in Hamburg ist ähnlich für dieses Anliegen geeignet. Die Elbe ist jetzt versuchsweise an eine Stelle der Pontons verlegt worden, wo sie fast in der Mitte des Hafenbeckens liegt und damit Abstand zu den Wohnhäusern hält. Kaiser hofft, dass damit ein Kompromiss gefunden werden kann, der es ermöglicht, weiterhin das Schiff im Sandtorhafen zu halten.

Während die Elbe noch selbst fahren darf
Während die Elbe noch selbst fahren darf
Ein zweites Sorgenkind des Herrn Kaiser sind die historischen Kräne am Kaiserkai. Hier ist die Stiftung Hamburg Maritim zwar nicht der Betreiber oder Eigentümer, Joachim Kaiser und der Verein Jugend in Arbeit Hamburg e.V. haben aber Herzblut und viele Mannjahre Arbeit in die Industriedenkmäler gesteckt und gehofft, in der HafenCity auf ein freundliches Willkommen zu stoßen. Ausgerechnet der kleinste und älteste der drei, der 1928 von Kampnagel erbaute „Lange Morgen“, verursacht jetzt den meisten Ärger. Anwohner wollen die jetzige Position verändert und den Neigewinkel des Auslegers steiler gestellt haben. Beides nicht einfach, da die rudimentären Schienen, auf denen der Kran steht, mit hochstehenden Bolzen gesichert sind und der Kranausleger schon seit Jahrzehnten festgestellt ist. Nun sind aufwändige Nacharbeiten und ein Schwerlastkran nötig, um die Wünsche der Anwohner zu erfüllen. Alles Sorgen, auf die Joachim Kaiser gerne verzichtet hätte. Eigentlich möchte er sich um die Restaurierung all der Schiffe kümmern, die noch für den Sandtorhafen bestimmt sind. Dabei darf man auf die Aufstellung des dritten Kranes gespannt sein, einem Zwillingsbruder des ersten.