Die Transformation der alten Häfen

Astrid Wonneberger
Astrid Wonneberger

Dr. Astrid Wonneberger hat an der Universität Hamburg Ethnologie studiert und 2011 ihre Habilitation zum Thema Regenerierung des ehemaligen Hafenviertels in Dublin/Irland geschrieben. Sie ist Privatdozentin an der Uni Hamburg und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Studiengang Angewandte Familienwissenschaften an der HAW Hamburg. Themen wie Globalisierung, Stadtethnologie oder kulturelle Transformationsprozesse in Hafengebieten gehören unter anderem zu ihren Arbeitsschwerpunkten. Für die HafenCity Zeitung wird Dr. Wonneberger in einer kleinen Serie ihre Erfahrungen aus Dublin in Bezug zur HafenCity in Hamburg setzen und unseren Lesern dadurch vielleicht neue Sichtweisen auf „das Quartier HafenCity“ eröffnen.

 

HafenCity Hamburg und Docklands Dublin: Beispiele für die globale Entwicklung…und doch ganz anders?

Nicht nur der Hamburger Hafen hat im 20. Jahrhundert durch die Einführung neuer Technologien in der internationalen Schifffahrtsindustrie ab den 1960er Jahren große Veränderungen erfahren. Weltweit haben diese Modernisierungsprozesse große Umbrüche in der Beziehung zwischen Stadt und Hafen ausgelöst. Die im 19. Jahrhundert meist innerstädtischen Hafengebiete fielen mit Auslagerung der Häfen aufgrund des steigenden Platzbedarfs immer mehr brach. Die Revitalisierung dieser Areale hat vielerorts zu wichtigen Stadtentwicklungsprojekten geführt. Prominente Beispiele sind neben der Hamburger HafenCity vor allem die Londoner Docklands. Doch auch die Docklands in Dublin, deren Regenerierung inzwischen fast abgeschlossen ist, sind ein spannendes Beispiel für diese globale Entwicklung.

Nach dem Wegzug des Hafens vollzieht sich in vielen Fällen ein Wandel der ehemaligen Hafenflächen zu rein städtischen Arealen mit sich ähnelnden Nutzungskonzepten. Neue Quartiere, neue Stadtteile mit einem Mischkonzept aus Wohnraum und Büros, öffentlichen Flächen und neuer Infrastruktur entstehen, die aufgrund ihrer zentrumsnahen Lage, ihrer Wasserlage und ihrem maritimen Flair eine besondere Attraktivität aufweisen. Der Hafen selbst bleibt dagegen nur noch als Hintergrundkulisse, durch einzelne Industriedenkmäler oder umfunktionierte Hafengebäude erlebbar.

Trotz vieler struktureller Gemeinsamkeiten prägen auch individuelle Gegebenheiten die jeweiligen Regenerierungsprozesse. So umfasst z.B. das 147ha große Gebiet der Hamburger HafenCity nur Flächen, die fast ausschließlich wirtschaftliche Funktionen hatten und die mit dem Rückzug bzw. der Auslagerung der Hafenwirtschaft mehr und mehr funktionslos wurden. In Dublin dagegen leben innerhalb der Grenzen der 526ha umfassenden Dublin Docklands schon seit Beginn der Hafenaktivitäten im 19. Jh. mehrere Hafengemeinden, deren Bewohner bis in die 1960er Jahre vom Hafen und hafenbezogenen Industrien ökonomisch abhängig waren. Genau wie in Hamburg und anderen Hafenstädten weltweit ernährte manuelle, größtenteils unstetige Arbeit auf den Docks, in dutzenden von Kohlehöfen, Holzfabriken, Schiffszulieferern, Gasfabriken usw. tausende von Einwohner in diesen Gebieten, bis die Einführung insbesondere von Containern in der internationalen Schifffahrtsindustrie zu einem Ende dieser Hafenwirtschaft und damit auch der ökonomischen Grundlage der Hafengemeinden führte. Viele Industrien fielen brach oder wanderten in die Vororte ab. Der Hafen selbst wurde weiter an den Rand der Stadt verlagert.

Obwohl Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Drogenmissbrauch in den 1980er Jahren zunehmend die Hafengemeinden in Dublin prägten, blieb während dieser Phase aber auch die bereits bestehende enge Sozialstruktur bestehen. Viele Familien leben seit Generationen in dem Gebiet, wo „jeder jeden kennt“. Solidarität wird immer noch großgeschrieben und sollte eine ganz besondere Rolle spielen, als die Regenerierung des Gebiets in den späten 1980er Jahren mit dem Bau eines Internationalen Finanzzentrum (IFSC) auf dem Gebiet eines ehemaligen Kohlehofs begann. Dieses „Flaggschiff-Projekt“ brachte zwar neue Büros, Wohnungen, Geld und Arbeit in das Viertel, ließ jedoch die sozialen Probleme der alteingesessenen Familien völlig außer Acht. Nach langen Protesten und politischem Druck von Seiten der Gemeinden wurden diese ab 1997 in die zweite Phase miteinbezogen. Durch das Mischkonzept aus Wohnungen, Büros, Gemeindeinfrastruktur und öffentlichem Raum ist der Stadtteil lebendig und familienfreundlich geblieben. Ist dieses Mischkonzept mit dem des östlichen Baakenhafens in der HafenCity vergleichbar? Und wird sich die HafenCity ähnlich entwickeln wie die Dubliner Docklands? Oder gibt es zu viele Unterschiede in der bisherigen Entwicklung? 

Über weitere interessante Details und wie Bürgerbeteiligung in Dublin funktioniert hat, darüber schreibt Dr. Astrid Wonneberger in unserer nächsten Ausgabe.