Die weibliche Gefahr im Schulbetrieb
Buchbesprechung: „Tampa“ von Alissa Nutting
Die 26-jährige Celeste tritt ihre neue Stelle als Lehrerin an einer Junior Highschool in Tampa, Florida an.
Celeste ist mit Ford verheiratet, der zwar „nur“ Polizist ist, aber reich erben wird. Das Leben mit Ford ist langweilig und eingefahren; Schuld daran ist allerdings nicht Ford, sondern die Tatsache, dass Celeste, die nicht nur ein Problem mit dem Älterwerden hat, auf Teenager steht. Moralische Bedenken hat sie nicht, als sie sich in ihrer neuen Klasse Jack Patrick ausguckt, ein Junge, der schüchtern und zurückhaltend ist und bei seinem Vater lebt.
Ein leichtes Opfer für Celeste, geht Jack Patrick nach den ersten offensichtlichen Avancen der schönen und von allen Jungs bewunderten Lehrerin eine sexuelle Beziehung mit ihr ein. Doch für den unerfahrenen Jungen ist diese Beziehung mehr: er liebt die gefühlskalte Celeste: „Hinterher im Auto drückte Jack mir einen roten Umschlag in die Hand. Die Karte darin war mit Glitzerrosen bedeckt und behauptet, unsere Liebe sei für immer. ‚Das ist wahnsinnig süß`, sagte ich, auch wenn mich etwas derart Dämliches nach einem so vergnüglichen Tag leicht verstörte. ‚Aber du weißt, dass ich sie nicht behalten kann, oder?‘ Wütende Überraschung blitzte in seinem Gesicht auf, doch dann nickte er. (…) ‚Ich wollte sie dir einfach geben, weißt du? Was jetzt damit passiert, ist mir egal.‘ Das sollten die letzten Worte des Abends sein.“
Für Celeste ist die Sache von vornherein klar: sobald Jack Patrick älter wird, wird sie ihn gegen einen jüngeren, unschuldigen Knaben austauschen. Obwohl sie sich der Gefahren bewusst ist, der sie sich aussetzt, spielt sie ihr skrupelloses Spiel weiter – bis es zu einer Katastrophe kommt.
„Tampa“ ist Alissa Nuttings Debütroman; unter anderem schreibt sie für die New York Times. So ist es auch kein Wunder, dass die Zeitung ihr Buch als „mutig und gelungen“ bezeichnet.
Im Klappentext des Buches heißt es: Eine moderne Antwort auf Nabokovs Lolita. Mit diesem Vergleich setzt der Verlag die Messlatte und die Erwartungshaltung des Lesers sehr hoch an – zu hoch für ein Debüt, in dem es fast ausschließlich um Sex geht. Ist Nabokovs Lolita nicht nur sprachlich auf einem unerreichbaren Niveau, spielt der Autor mit dem Leser und bringt die Moralvorstellungen desselben ins Wanken: das geschieht nicht nur mutig, sondern vor allem sehr subtil. Nuttings „Tampa“ bleibt hingegen an der Oberfläche, bis auf einige gute Szenen mit irritierten Schülern und einem Showdown am Ende ist es zwar nett zu lesen, aber leider auch nicht mehr.
Alissa Nutting „Tampa“ erschienen im Januar 2014 bei Hofmann und Campe. 288 Seiten, gebunden, Euro 19,99, ISBN 978-3-455-40460-9