Dietrich Wersich war schon einmal Bürgermeister
Der Oppositionsführer
Der Spitzenkandidat der CDU kann Regierungserfahrung vorweisen. Dietrich Wersich (51) war Hamburger Senator für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz und – nach dem Ende der Schwarz-Grünen Koalition – in Doppelfunktion auch Senator der Behörde für Schule und Berufsbildung. Seit 2011 führt Wersich, der auch Zweiter Bürgermeister war, die CDU-Fraktion in der Bürgerschaft.
Aus Termingründen baten wir Dietrich Wersich – der im Dezember in den Bundesvorstand der CDU gewählt wurde – um ein schriftliches Interview.
HCZ: Herr Wersich, welche Themen haben Sie und Ihre Fraktion als Opposition in der vergangenen Wahlperiode besonders erfolgreich bewegt?
Wir konnten bei wichtigen Themen für Hamburg einiges erreichen. Als beispielsweise vor einem Jahr die Gewalt auf unseren Straßen eskalierte, haben wir mehr Unterstützung für die Polizei gefordert. Unser 15-Punkte-Programm für eine bessere Ausstattung der Polizei hat der Senat dann teilweise übernommen. Und ganz aktuell: Nachdem wir es in unser Wahlprogramm aufgenommen haben, will der Senat nun endlich die Qualität in den Kitas und Krippen verbessern.
HCZ: Und welche Entscheidung des Senats haben Sie in dieser Zeit besonders bedauert?
Für das unsinnige Busbeschleunigungsprogramm gibt die SPD rund 260 Millionen Euro aus. Die Stadt wird durch ein beispielloses Baustellenchaos lahmgelegt, ohne dass es wirklich etwas bringt. Das ärgert die Menschen zu Recht. Die Hochschulen werden kaputtgespart. Mittel, die extra vom Bund für eine Verbesserung der Universitäten zu Verfügung gestellt wurden, zweigt die SPD einfach ab und lässt sie irgendwo im Haushalt versickern. Auch in Sachen Sicherheit zeigt die SPD ihre alten Schwächen und versagt. Die Kriminalität ist wieder so hoch wie seit fast einem Jahrzehnt nicht mehr. Das ist kein Wunder, wenn man sich anschaut, dass immer weniger Polizisten auf der Straße sind.
HCZ: Weshalb soll Olaf Scholz, der als Bürgermeister – nicht nur seitens der Wirtschaft – Höchstnoten erhält, aus Ihrer Sicht abgelöst werden?
Hamburg ist wunderbar, aber wir sollten ehrlich sein, denn unsere Stadt hat auch Probleme: der tägliche Verkehrskollaps, die steigende Kriminalität und die Verwahrlosung in Teilen der Stadt, eine Zunahme der Firmeninsolvenzen und der Arbeitslosen. Wir geben uns nicht zufrieden mit den Zuständen in den Schulen und bei der Kinderbetreuung. Wir wollen diese Probleme anpacken und zeigen, dass Hamburg mehr kann. Und: Olaf Scholz pflegt einen gestrigen Führungsstil. Er folgt dem Prinzip von Befehl und Gehorsam. Das ist weder klug noch zeitgemäß.
HCZ: Wo würden die Ausgabenschwerpunkte der CDU liegen? Und wie wollen Sie diese angesichts der Schuldenbremse finanzieren?
Wir wollen mehr in den Hafen investieren und durch eine bessere Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft Hamburg zur Gründermetropole machen. Ein wirksamer Ordnungsdienst soll darauf achten, dass Plätze und Grünanlagen nicht verwahrlosen. Alles das erfolgt durch Umschichtungen ohne neue Schulden, die Konzepte dafür haben wir gerade vorgelegt.
HCZ: Die Stadt Hamburg wächst Richtung Süden und Osten. Auch der Westen wird mit „Altonas neuer Mitte“ zum Wachstum beitragen. Welchen Stellenwert wird die HafenCity in den kommenden Jahren aus Ihrer Sicht noch haben?
Die HafenCity ist das modernste Viertel unserer Stadt und soll seine Vielfalt bewahren. Sie ist entscheidend für die Anbindung der innenstadtnahen östlichen Stadtteile und den Sprung über die Elbe. Und sie wird auch kulturell und touristisch ein Highlight unserer Stadt sein.
HCZ: Halten Sie es für eine richtige Entscheidung, die HafenCity bei der Unterbringung von Flüchtlingen in Hamburg nicht zu berücksichtigen?
Es geht dabei um geeignete Flächen. Ich bin dankbar für das große Engagement, mit dem viele Hamburgerinnen und Hamburger sich für Flüchtlinge engagieren. Wir müssen den Menschen helfen, die unseren Schutz nötig haben. Klar ist aber auch, dass die Einrichtungen gerecht über die Stadt verteilt und Anwohner frühzeitig einbezogen werden müssen.
HCZ: Sie sind ein bekennender Fan von Hamburg als Austragungsort der Olympischen Spiele. Was antworten Sie den Wählern, die darin ein weiteres finanzielles Desaster für die Stadt befürchten?
Olympia wäre ein großer Aufbruch für Hamburg und eine Riesenchance für uns, auch international wahrgenommen zu werden. Wir neigen dazu, die heutige Bedeutung Hamburgs zu überschätzen und leben dabei viel zu sehr vom Ruf der Vergangenheit. Wenn fünf Milliarden Menschen Olympia in Hamburg verfolgen, wird sich das ändern. Dabei kann Olympia ein Beschleuniger für sinnvolle Infrastrukturmaßnahmen und unsere Wirtschaftskraft sein. Mit hanseatischen Spielen am Wasser können wir zeigen, dass Hamburg tatsächlich die „schönste Stadt der Welt“ ist und korrigieren das internationale Deutschlandbild, das bisher noch viel zu sehr vom Lederhosen-Image geprägt ist.
HCZ: Seinerzeit hat Ole von Beust – mit Hilfe der Schill-Partei – die Gelegenheit ergriffen, die SPD abzulösen. Wie sehen Sie die AfD? Müssen Wähler bei einem entsprechenden Wahlergebnis eine Koalition aus CDU und AfD befürchten?
Ich schließe eine Koalition mit der AfD aus. Eine europakritische Partei passt nicht zur CDU und nicht zu Hamburg.