Ein ganz heißes Kühlschiff
Elbjazz auf der Stubnitz
Jeder hat natürlich seine eigene Vorstellung davon, was man unter „da geht die Post ab“ zu verstehen hat – der eine findet halt Charly Haden cool, der andere steht auf mehr Groove – das schöne an einem Festival wie das Elbjazz-Festival ist aber ja, das jeder sich nach seinem Geschmack vergnügen darf. Trotzdem ist das Überraschungselement, das sich Treiben lassen immer wieder die schönste Strategie. Heißester Ort am Freitag war aber keine der drei wunderschönen Bühnen auf dem Blohm & Voss Gelände sondern ein von außen eher unscheinbaren Schiff am Strandkai. Die Stubnitz ist ein ehemaliges Kühlschiff der DDR-Hochsee-Fischfangflotte – inzwischen komplett zu einem schwimmenden Veranstaltungszentrum umgebaut – das für das Elbjazz-Festival am Strandkai festgemacht hat.
Es ist nicht der erste Besuch der Stubnitz in der HafenCity, das Schiff liegt regelmäßig im Baakenhafen, von der Öffentlichkeit meist unbemerkt, von der Off-Szene aber gerne genutzt. Das Schiff wird von einem Trägerverein betrieben, Heimathafen ist Rostock. Das Schiff ist im gesamten Nord- und Ostseekulturraum unterwegs – immer da wo gerade Kultur gemacht wird. Das Schiff ist ein kleines Raumwunder. Im Bug ist ein Kino eingebaut, Musik von der Hauptbühne, die von mehreren Ebenen aus sichtbar und vor allem hörbar ist, kann von mehreren hundert Gästen gehört werden. Eine Tanzfläche, mehrere Bars und an Deck reichlich Platz – auch hier auf mehreren Ebenen.
Und akustisch gut isoliert. Während im Bug eher beschaulich zum historischen Stummfilm „Nanuk der Eskimo“ Audio-Obscura live mit Saxofon und Piano zum Chillout einlädt, geht auf der eigentlichen Bühne die Post ab: „The Burhorn featuring Y’Akoto“ bringt das Schiff mit Trip-Hop-Jazz mit ordentlich Gebläse zum Toben, ihre Sängerin Y’Akoto fegt wie ein Derwisch über die Bühne und das Publikum ist schwer von den Socken. Wem die Luft zu dick wird, verschwindet mal kurz aufs Deck und lässt sich frischen Wind um die Ohren blasen. Doch das macht kaum jemand, denn dazu ist die Musik zu gut. Die CD von den Burhorn – Namensgeber ist Bandleader Thomas Burhorn – bringt nur ungenügend den Groove rüber, den die Band live produziert.
Wer keinen Einblick auf die Bühne hat, kann per Live-Übertragung das Konzert auch an den Bars verfolgen. Tobender Applaus entlässt die Band, doch kaum jemand geht, das anschließend DJ-Set füllt die Tanzflächen. Auch nach dem Elbjazz-Festival ist das Schiff noch eine Weile in der HafenCity. Entweder am Strandkai oder im Baakenhafen gibt es Kultiges oder Obskures – einfach mal gucken gehen. Immer Sonntags ist der Stubnitz Plattenfroster angesagt – entdecken gehen.
Programm und Infos unter http://ms.stubnitz.com
Bildergalerie Elbjazz