Erfolgreich gebaggert
Dennoch geht es der Hafenwirtschaft schlecht, aber die Geschichte des Hafens erfährt eine erstaunliche Wahrnehmung
Eine seltsame Stimmung macht sich im Hafen breit. Während sich im „arbeitenden“ Hafen Pessimismus breitmacht – ausbleibende Elbvertiefung, Versandung von Liegeplätzen, Rückgang des Umschlages und Verdrängungsängste ausgelöst durch die Olympiabewerbung – knallen bei den Machern der kulturellen Nachfolgeorganisationen, man könnte fast sagen, den Zweitverwertern des maritimen Erbes der Hansestadt, in schöner Folge die Sektkorken.
In zwischenzeitlich schon fast beängstigender Reihenfolge ergießt sich ein warmer Regen an Fördermitteln auf schon fast jahrzehntelang darbende Kultureinrichtungen. Angefangen 2014 mit der Bewilligung von Fördermitteln für die Restaurierung des historischen Stückgutfrachters MS BLEICHEN in Höhe von drei Millionen Euro überschlagen sich die Positivmeldungen zum Jahresende. Zuletzt wurde die Polizeidampfbarkasse OTTO LAUFFER mit in der Summe von rund 900.000 Euro gerettet, mit Mitteln, die sich aus 400.000 Euro von der Wirtschaftsbehörde, 90.000 Euro aus einem Topf der Kulturbehörde und noch einmal 400.000 Euro aus dem Sonderprogramm Denkmalschutz des Bundesministeriums für Kultur und Medien zusammensetzen. Drahtzieher dieser guten Nachrichten ist vor allem der Hamburger Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs (SPD), der – so scheint es – derzeit einen „Lauf“ bei der Mittelakquise hat. Absoluter Höhepunkt, sowohl aus finanzieller als auch Bedeutungssicht war dann die Meldung, dass der Haushaltsausschuss des Bundestages beschlossen hat, den Aufbau eines Hafenmuseums in Hamburg sowie die Überführung der Viermastbark PEKING aus New York und ihre anschließende Restaurierung zum Museumsschiff mit einer Bundeszuwendung in Höhe von 120 Millionen Euro zu unterstützen.
Diese Meldung hat vor allem für das jetzige Hafenmuseum an den 50er Schuppen auf dem Kleinen Grasbrook immense Bedeutung. Bisher getragen von dem Enthusiasmus ehemaliger Hafenarbeiter werden sich gleich drei Millionenprojekte dort einfinden.
Der 1911 bei Blohm + Voss in Hamburg erbaute Frachtsegler PEKING, einer der legendären „Flying P-Liner“ der Hamburger Reederei F. Laeisz, kann dadurch vor der Abwrackung gerettet werden und nach vielen Jahren in New York in seinen angestammten Heimathafen zurückkehren. Das Projekt der Rettung des Viermasters geisterte schon lange durch die Köpfe von Segelschiffenthusiasten, war bislang aber als unrealistisch abgetan worden, da der derzeitige Zustand des Seglers schon allein den Transport über den Atlantik zum Millionenvergnügen macht. Die restaurierte PEKING soll dann zu einem zentralen Blickfang für die denkmalgeschützten 50er Kaischuppen werden, rechtzeitig vor der geplanten Olympiade vis-à-vis der Elbphilharmonie. Joachim Kaiser, Vorstand der SHM: „Sowohl die PEKING als auch die gerade in Restaurierung befindliche BLEICHEN sollen später die zentralen Schauobjekte des zukünftigen Hafenmuseums werden. Die denkmalgeschützten 50er Kaischuppen im Hamburger Hafen, ebenfalls im Eigentum der Stiftung Hamburg Maritim, sind mit historischen Lagerschuppen, Hafenkränen und Güterwaggons der ideale Standort für ein Deutsches Hafenmuseum.“ Na ja, verständliche Freude bei Kaiser, doch mit dem Standort spricht er da etwas an, was sich auch nicht durch 120 Millionen mal eben ändern lässt. Die schlechte Erreichbarkeit ist nämlich eines der größten Probleme des derzeitigen Hafenmuseums. Mit der Maritimen Circle Line fährt mal gerade ein Barkassendienst das Museum an, die Entfernung zur S-Bahn-Station Veddel ist zwar zu Fuß überbrückbar, schreckt aber doch viele ab. Von der Anbindung wird aber der Erfolg des Museums abhängen – und das wird nicht ohne eine regelmäßige Fährverbindung von der HafenCity aus gehen. Bei der Konzeption des Museums gilt es auch noch andere Fallstricke zu vermeiden. Macht doch den Charme des heutigen Museums zu einem nicht geringen Teil das authentische Museumsteam aus, besteht die Gefahr, dass durch ein überprofessionalisiertes Konzept vieles vom ursprünglichen Esprit verloren geht. Und apropos Engagement: Der Geldsegen für wenige Großprojekte erweckt natürlich auch den Neid der Schiffsbesatzungen der vielen Traditionsschiffe im Hamburger Hafen, die bei der Vergabe der Mittel leer ausgehen und weiterhin für den Erhalt ihrer Schiffe kämpfen müssen. Und es bleibt für die Hamburger natürlich zu hoffen, dass der Grund für den Geldsegen wirklich die ambitionierte Arbeit von Johannes Kahrs und Matthias Bartke ist, und nicht schon Teil eines Trostpflasters für die ausbleibende Elbvertiefung.