Expedition ins Promiland
Innenansichten einer ehrenamtlichen Bildreporterin
Heute ist mein Glückstag, Mein Chefredakteur bietet mir an, für unsere Zeitung beim Ersten Deutschen Radiopreis zu fotografieren. Wow! Sofort sage ich zu und kläre leichtsinnigerweise erst hinterher die wirklich wichtigen Fragen. Was ziehe ich an? Wie viele Freundinnen darf ich mitnehmen? Und wer genau soll die Fotos machen? Nachdem mein Chefredakteur mir anbietet, seine Lieblingskamera mit zu geben, dämmert mir, dass ein Haken an dieser Sache ist. Und dann teilt mir, die Pressestelle des Veranstalters mit, dass unser Blatt – angeblich aus Platzgründen- nur mit einer Akkreditierung rechnen kann und ich keine Freundinnen mitnehmen darf. Super! Hätte ich das gewusst…. Okay, dann muss ich also nur noch die Kleiderfrage klären.
Nun ist es soweit, der Veranstaltungstag ist gekommen und ich muss noch ein Knopf an meinem schwarzen Ledermantel annähen. Schließlich tragen doch alle Reporter schwarze Kleidung, oder etwa nicht? Leider komme ich dadurch zu spät. Auf dem Weg zu der Veranstaltung fahren Taxis und VIP-Shutlles an mir vorbei. Sind da etwa die Personen drin, die ich fotografieren sollte? Ich beeile mich und laufe noch schneller durch den Regen. Atemlos komme ich an und will sofort mit der voreingestellten Kamera fotografieren. Oh Schreck, ich drücke auf den Auslöser und es passiert nichts. Ich drücke alle Knöpfe, drehe alle Räder und es bewegt sich immer noch nichts. Vor mir ein ehemaliger Bundesaußenminister, höchster Promifaktor und ich reagiere mit einer Panikattacke. Mein Chefredakteur und einziger anerkannte Spezialist in Sachen Kamera ist telefonisch nicht erreichbar. Also drehe ich einfach weiter an allen Rädern, Auslöser und sonstige Knöpfe und habe Glück ein Lämpchen leuchtet auf. Das wäre geschafft! Den Ex-Bundesminister habe ich doch noch fotografiert.
Ich erwische eine Promifreie Lücke und schreite über den roten Teppich zur abgesperrten Pressezone. Nicht zu fassen, in erster Reihe ist ein Platz frei. Da stelle ich mich hin und bin glücklich. Mein Glück hält nicht lange. Offenbar war der eigentliche Platzinhaber nur hinter einem Promi hergelaufen und will jetzt sein Platz wieder haben. Ich versuche mein Platz zu verteidigen und bewege mich kein Millimeter von der Stelle. Meine Taktik geht nicht auf, der Mann ist wirklich schlecht gelaunt und zu einem Duell bereit. Da ich meine Karriere nicht mit einem Eklat am roten Teppich beginnen will, weiche ich und finde mich in der zweiten Reihe wieder. Mit meinen 1,64 m Körpergröße habe ich jetzt ein Wettbewerbsnachteil. Ich versuche meine Bilder durch die Lücken in der Menschenmauer vor mir zu schießen. Aber da sind ja keine Lücken, nur Menschen, die mir den Blick verstellen. Also versuche ich durch deren Beine hindurch und über deren Köpfe hinweg meine Bilder zu kriegen. Ergebnis: Promifüße und kopflose Promis. Das ist also nicht die Lösung. Die Rettung naht in Form eines kleinen Hockers auf dem ZDF steht, ich trete auf die kleine Leiter und habe freie Sicht, knipse ein paar Mal und verliere fast das Gleichgewicht. Löst eine weitere Panikattacke mein Problem? Ich vermute nicht und entscheide mich für „contenance“. Das hilft, ich entdecke eine wirklich freie Lücke, werde von einem netten Kollegen als Stativ benutzt und kann mein Auftrag erfüllen: Schöne Fotos von interessanten Menschen machen.
Auftrag wirklich erfüllt? Entscheiden Sie selbst, wenn Sie mein Bericht gelesen haben. In einem Punkt habe ich total versagt: Maybrit Illner, die bekannte Talkshow-Frau des ZDF stand ein paar Zentimeter von mir entfernt. Sie sah gut aus und hatte eine wunderschöne Abendtasche dabei. Ein herrliches 3-fach JA-Stück“ und ich habe es nicht geschafft, sie zu fragen, wo man so tolle Abendtaschen kaufen kann.