Fluch der Perfektion
Wie die Elbphilharmonie das Selbstwertgefühl der Stadt beeinflusst
Seit einem Jahr stehen die Arbeiten auf der Baustelle der Elbphilharmonie quasi still. Keine Absichtserklärungen des Baukonzerns, die Arbeiten zügig wieder aufzunehmen, kein Ultimatum der Stadt an HOCHTIEF, keine gemeinsame Eckpunktevereinbarung – nichts hat geholfen, die Streitigkeiten endgültig beizulegen. Die Fertigstellung von Hamburgs künftigem Wahrzeichen rückt in immer weitere Ferne. Ob der zurzeit geplante Termin im August 2015 eingehalten werden kann, ist angesichts des Dauer-Stillstands mehr als unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist da schon die Trennung vom Baukonzern HOCHTIEF, aber was kommt dann? Die notwendigen Neuausschreibungen lassen sich auch nicht von heute auf morgen bewerkstelligen.
Generalintendant Christoph Lieben-Seutter ist in dieser Situation alles andere als zu beneiden. Trotz allem bemüht er sich unermüdlich um die Konzert-Landschaft in der Stadt. Die Elbphilharmonie Konzerte und diverse Festivals sind auch ohne das Konzerthaus längst zu einem festen Bestandteil in Hamburgs Musik-Landschaft geworden. Seit 2011 veranstalten die Stiftung Elbphilharmonie und der Freundeskreis Elbphilharmonie und Laeiszhalle zusätzlich die sogenannten Elbphilharmonie Gespräche. Hochrangig besetzte Diskussionsrunden über aktuelle Themen sollen einer breiten Öffentlichkeit in regelmäßigen Abständen Einblicke hinter die Kulissen des Projektes Elbphilharmonie ermöglichen.
Zuletzt waren Matthias Naske, General Director der Philharmonie Luxembourg, und Benedikt Stampa, Geschäftsführer und Intendant des Konzerthauses Dortmund, zu Gast, um zum Thema „Mit der Elbphilharmonie zur Musikstadt Hamburg – Herausforderungen und Ziele im Vergleich“ zu diskutieren. Beide waren sich einig: Ein Konzertsaal kann ein ganzes Stadtgefühl beeinflussen. „Der Stolz und der emotionale Effekt sind nicht zu unterschätzen“, sagte Stampa, „mit der Elbphilharmonie wird es eine ganz neue Zeitrechnung geben.“ Es sei so viel an Musik verfügbar wie noch nie in der Geschichte, die Stadt müsse es nur schaffen, das Potenzial auszuschöpfen.
Als überaus wichtig sahen die beiden Experten die Akustik eines Konzertsaales an: „Im Zeitalter von ausgezeichneten HiFi-Anlagen sind alle verwöhnt, ein Konzertsaal muss perfekt sein“, sagte Naske, nicht zuletzt auch, weil der Wettkampf um die Künstler immer größer werde. Der Arbeit von Christoph Lieben-Seutter zollten beide Herren großen Respekt und betonten gleichzeitig, wie wunderbar es sei, so ein Projekt ins Leben zu begleiten. Auch wenn es denn noch so lange dauert … (DG)