Geducktes Duckstein
Unplugged und draußen
Es ist schwer etwas zu bewerten, das schon per se unter einem falschen Etikett an den Start gegangen ist. Das Duckstein-„Festival“ ist so ein Etwas gewesen. Mit einem Festival verbindet man Lebhaftigkeit, einen gewissen Lärmpegel, eine Auswahl an Darbietungen gleichzeitig – egal, wann man den Ort des Geschehens besucht. Als das Duckstein-Festival sich noch auf der Fleetinsel befand, waren diese Attribute durchaus gegeben. Man konnte zu jeder Zeit kommen und stolperte direkt in irgendein Geschehen, man hatte Spaß und hörte im Hintergrund auf jeden Fall fast immer Musik von der offenen Bühne im Fleet. Das Duckstein-Festival in der HafenCity war ganz anders: Den ganz eigenen Gesetzen der HafenCity unterworfen, wirkte es, als hätte man einem Tiger die Zähne gezogen – der Biss ist verloren gegangen. Essen und Trinken kann man an den Hafenbecken allenthalben und zivilisiert geht es sowieso meist zu. Punkt 22 bzw. 23 Uhr gingen die Lichter aus und tatsächlich, das Versprechen der Veranstalter, die Musik nicht zu hören, wurde übererfüllt. Man traf Nachbarn, konnte etwas trinken, sich in gepflegter Lautstärke unterhalten und wenn der Vorhang fiel, war es bequem, in die nächste Location weiter zu ziehen. Eigentlich so, wie es immer im Sommer in der HafenCity ist – business as usual. Nett und Blutleer – und bestimmt nicht das, was die Biermarke als Aushängeschild haben möchte.
Und doch wird das erste Duckstein-Festival in der HafenCity von vielen als Erfolg gewertet. Als erster Erfolgsfaktor wird die gestiegene Besucherfrequenz genannt. Im Doppelpack mit der Queen Mary 2 gelang etwas, das die Gewerbetreibenden sonst eher vermissen: Vom Dar-Es-Salam-Platz über den Überseeboulevard bis hin zum Strandkai nutzten die Besucher die Nord-Süd-Achse und lernten so weite Teile der HafenCity und ihre Einkaufsmöglichkeiten kennen. Ein Hoffnungsschimmer für die Zukunftsfähigkeit des Stadtteiles, da nun als bewiesen gilt, dass es durchaus mit intelligenten Konzepten möglich ist, auch außerhalb der Schiffsanläufe und der sonntäglichen Spaziergänge, mehr Besucher für den Stadtteil zu interessieren. Besucher, die dann auch wiederkommen, wie so manches Gespräch mit neuen Kunden ergibt.
Ein Erfolg war die Premiere auch aus der Sicht des Veranstalters. Thorsten Weis von der bergmanngruppe bezeichnet das diesjährige Konzept als guten Start, das es weiter zu entwickeln gilt. Sicher sei es nicht gelungen, alle Festivalfans von der Fleetinsel in die HafenCity zu ziehen und es habe auch – besonders an den ersten Abenden – viel Kritik an der viel zu leisen Musik gegeben. Gleichzeitig habe der Besucherstrom aber auch gezeigt, dass der neue Standort und das neue und viel leisere Konzept durchaus Akzeptanz findet.
Im nächsten Jahr wollen sie wiederkommen, am Konzept muss bis dahin aber noch mal ernsthaft gearbeitet werden, wenn man nicht will, dass der bis dahin gute Ruf des Festivals auf das Niveau des Stuttgarter Weinfestes auf dem Rathausmarkt sinken soll.
Daran müssen alle Beteiligten arbeiten: vom Veranstalter über die bezirklichen Stellen und der ebenfalls zuständigen HafenCity Hamburg GmbH bis hin zum Netzwerk als Vertreter der Anwohner. Die ersten Gespräche für das kommende Jahr werden kurz nach dem Abbau beginnen.
Es gilt, zu verhindern, dass die Veranstaltungen in der HafenCity durch Überregulierung und Bedeutungsüberladung zu langweiligen Allerweltsevents mutieren – bei der Masse der Veranstaltungen vielleicht auch kein Wunder, sollen doch die Anwohner vor echten oder auch nur vor vermeintlichen Lautstärkerisiken geschützt werden. Weniger Veranstaltungen , aber dann richtig. Und gern auch laut und schmutzig, um das angeblich sterile Image der HafenCity loszuwerden – dann wird ein Schuh draus, so aber nicht. MB/CF