Gefunden vom Schlossherrn
Christians Beifang – wer weiß, wofür das gut ist?
Angefangen hat alles mit einer kleinen Pfeife aus Ton. Als ich dieses Relikt vergangener Jahrhunderte im Flutkeller des Fleetschlösschens fand, war ich gerade mit dem Umbau zum heutigen Café beschäftigt.
Als Kind stiefelte und stocherte ich mit meinem Vater in Ausgrabungsstätten in Griechenland herum, und so entdeckte ich meine Freude am Suchen und Finden. Schatzsucher ist nach Feuerwehrmann und Polizist der dritthäufigste Berufswunsch kleiner Jungen, vermute ich. Jedenfalls habe ich die Freude am Finden mit der Tonpfeife wiederentdeckt und mache mich seither mit meiner Tochter gerne auf die Suche in und um Hamburg. Die dabei zutage geförderten Souvenirs aus fernen Zeiten zeugen von der langen Geschichte Hamburgs als Handels- und Erfindermetropole. Sie geben den Orten einen Wert, der über das Sichtbare weit hinausgeht. Wem gehörte der Gegenstand? Wo kam er her? Warum liegt er jetzt hier in der Erde? Diese und viele andere Fragen stellen sich mit jedem Fund. Manche davon beantworten mir die Baggerfahrer, die ja schon vieles zutage gefördert haben. Anderes findet man im Museum für Hamburgische Geschichte oder im Maritimen Museum beantwortet. Doch die meisten Fragen bleiben offen und geben Raum für Geschichten, die man selber um die Fundstücke „spinnt“.
Schönstes Zeugnis und gleichsam meine „Reliquie“ ist ein Fund in unmittelbarer Nähe des Fleetschlösschens, im heutigen Überseequartier. Dort fand ich das Bruchstück einer Kachel, wie man sie von den Säulen eines Kachelofens her kennt. Darauf zu sehen war eine kleine Kapelle auf einer Brooklandschaft. Im Vordergrund stakt ein junger Herr seine Angebetete durch ein Fleet. Ob die beiden wohl still und heimlich in der Kapelle geheiratet haben? Oder ist ihr Schiff auf Grund gelaufen, und die beiden konnten sich gerade noch rechtzeitig in den Kahn retten? Wer weiß das schon? Sicher ist nur, dass die Kachel aus dem 17. Jahrhundert stammt und damit eine Szene darstellt, wie sie sich genau zu dieser Zeit an Ort und Stelle des Fundes zugetragen haben könnte. Denn dort, wo heute das Fleetschlösschen steht, stand einstmals die St.-Annen-Kapelle. Ausgerechnet dieses Bild zwischen Fliegerbomben und all dem Bauschutt unversehrt zu finden, macht den Reiz aus und ist immer wieder Grund genug, sich mit der Geschichte der eigenen Lebensumwelt auseinanderzusetzen. Die HafenCity birgt einen der interessantesten Teile Hamburger Geschichte, und in den Fleeten und zukünftigen Baugruben schlummern noch viele Zeugnisse einer vielfältigen und langen Geschichte Hamburgs. Aber dazu und zu der Tonpfeife im nächsten Teil mehr.
Ansehen kann man sich die Fließe im Fleetschlösschen, und wer folgende Frage als erster richtig beantwortet, gewinnt eine Runde Kaffe und ein Stück Kuchen im Fleetschlösschen. Einfach zu Christian gehen und sein Glück versuchen: Wann wird das Überseequartier endgültig fertig gebaut sein?
(Christian Oehler)