Gemischte Gefühle
Die inklusive Hausgemeinschaft an der Shanghaiallee hat Geburtstag
Vor zwei Jahren ist die HafenCity ein Stück vielfältiger geworden. In der Shanghaiallee entstand die erste inklusive Hausgemeinschaft des Quartiers. Träger des Projekts ist Leben mit Behinderung Hamburg. Passend zu diesem kleinen, aber feinen Jubiläum fragt die HafenCity Zeitung einmal nach: „Wie läuft´s denn?“
„Das Konzept ist so neu wie der Stadtteil selbst“, gibt Wibke Juterczenka (32), stellvertretende Leitung des Projekts, zu und weist auf die Einzigartigkeit dieser Hausgemeinschaft hin, die aus 29 Apartments besteht, bei denen je vier bzw. einmal fünf Personen eine Wohngemeinschaft bilden. 19 Frauen und Männer zwischen 21 und 55 Jahren mit unterschiedlichen Hilfebedarfen sowie zehn Menschen ohne Unterstützungsbedarf, die sogenannten Alltagsbegleiter, wohnen und leben hier.
Einer von ihnen ist Michael Barthelmess (21). Er studiert Sozialökonomie an der Uni Hamburg und erfuhr über einen Kommilitonen von dem Projekt. „Es gibt keine bessere Art für einen Studenten zu wohnen“ sagt er und fügt hinzu: „Soziales Engagement finde ich neben dem Studium sehr wichtig“. Michael ist sehr aktiv, unternimmt viel mit seiner WG, aber auch darüber hinaus; jeden Sonntag lädt er zum Tatort-Abend ein. Dies gefällt auch Anna Stammen (23) sehr gut. Erst seit Anfang September wohnt sie in der Shanghaiallee. Als „mega toll“ beschreibt die Psychologiestudentin das Projekt und ergänzt, „…dass es nicht besser laufen könnte. Wir kochen regelmäßig zusammen, fahren bei gutem Wetter an die Ostsee oder chillen einfach auch mal auf dem Sofa, wie in jeder anderen WG auch“.
Sie wohnt zur Zwischenmiete hier, da die eigentliche Bewohnerin zurzeit im Auslandssemester ist. „Klar, sobald ein Zimmer frei wird, ziehe ich sofort ein“, erzählt Anna lächelnd. Da manche ihren Kiez vermissen, zurück ins Elternhaus wollen oder sich entschieden haben mit dem Partner zusammenzuziehen, kann schnell mal ein Apartment frei werden. Auf die Frage, ob Anna etwas stört, sagt sie: „Naja die HafenCity ist schon ein wenig lahm, da hat das Schanzen- oder das Karoviertel schon mehr zu bieten“. Das sieht Glenn Goltz (23) ganz anders: „Die HafenCity ist wirklich bombe“ sagt er mit leuchtenden Augen. Er war einer der ersten Bewohner mit Unterstützungsbedarf, die Anfang November 2015 in die Shanghaiallee gezogen sind. Die Anbindung an die HafenCity findet er super, vor allem den Lohsepark, der sich zum Fußballspielen und Verweilen bestens eignet. „Mir fehlt hier nichts!“, macht Glenn klar. Lara Fricke (21) kann das nur bestätigen. Sie ist ebenfalls Bewohnerin der ersten Stunde und zieht ein persönliches Fazit: „Es ist wirklich gelungene Inklusion, da es ganz selbstverständlich ist, die Mitbewohner mit Behinderung zu Partys mitzunehmen und man sich keine Gedanken mehr macht über mögliche Unterschiede. Die Personen stehen im Vordergrund und nicht ihre Behinderungen“. „Ich würde das Projekt jedem empfehlen, der seinen Horizont erweitern und einen größeren Blick auf die Dinge gewinnen möchte“, so Lara.
Es zeigt sich, dass die Hausgemeinschaft aktiv ist, sie sich entwickelt, teilweise neu zusammenwürfelt und auch im Stadtteil präsent ist. Besonders amüsiert hat Wibke, als sie beim Vorbeigehen an einer Stadtführung mitbekommen konnte, wie die inklusive Hausgemeinschaft Erwähnung fand. „Die Leute kennen uns“, sagt sie sichtlich erfreut. „Dennoch“, so die gelernte Heilpädagogin, „können wir noch viel mehr ins Quartier hinausströmen“. „Mehr WG-übergreifende Aktivitäten wären klasse“, sagt Glenn. Lara kann beidem zustimmen und ergänzt: „An ein paar großen gemeinsamen Projekten, die man zusammen startet, fehlt es leider noch“. Dies kann sich aber ganz schnell ändern. Spätestens beim Neujahrsempfang 2018 im Januar sind alle wieder zusammen und planen vielleicht schon die ersten großen Projekte für das neue Jahr.