Gestalter wird man nicht zum Selbstzweck
Gestalter wird man nicht zum Selbstzweck: In der achten Dekade kehrt Peter Maly (fast) zu seinen Wurzeln zurück
„Das Wohnen bleibt mein zentrales Thema und treibt mich an, schönere, funktionale und langlebige Möbel zu gestalten.“ So lautet die Momentaufnahme eines der Protagonisten im modernen Möbeldesign. Die Tradition von Bauhaus und Ulmer Schule aufgreifend, entwickelt Peter Maly ab den 1960iger Jahren seine geometrische Formensprache und übersetzt sie in Entwürfe, von denen manche längst Klassiker geworden sind. Geboren am 19. August 1936 in Trautenau (heute Tschechien), ist Maly heute einer der wenigen international tätigen, deutschen Gestalter, der Möbel, Leuchten, Teppiche und Instrumente ganzheitlich entwirft – seit über einem halben Jahrhundert.
Während er Herstellern wie COR, Ligne Roset, Behr International, Carpet Concept und Conmoto verbunden bleibt, rücken seit 2006 die Arbeiten für den japanischen Hersteller Conde House in den Fokus. „Reinheit und Klarheit, Konzentration auf das Wesentliche und die Ästhetik der Leere faszinieren mich seit jeher“, bekennt er. Aktuell greift Maly die Verarbeitung des Naturmaterials Holz nach japanischer Tradition auf, um moderne europäische Formen zu gestalten. “Die Idee ‘zurück zu den Wurzeln’ liegt nahe, am Anfang meiner Laufbahn stand eine Schreinerlehre.” Doch sind die aktuellen Entwürfe nicht retrospektiv: „Ich bleibe zeitgenössischen Bedürfnissen verpflichtet.” Wie weit dieser gestalterische Blick trägt, wird auch in der kommenden Ausstellung zu sehen sein:
„Peter Maly – Arbeiten aus vier Jahrzehnten. Vom Flügel bis zum Stahlrohrsessel, Klassiker und neueste Produkte“
25. November 2016 bis 21. Januar 2017
designxport Hamburg, Hongkongstraße 8, 20457 Hamburg
Bühnenbildner für modernes Wohnen
Malys Werdegang beginnt zu einer Zeit, als Industriedesign in Deutschland noch kaum gelehrt wird. Nach einer Handwerkslehre studiert er Innenarchitektur in Detmold und wird 1960 sofort von “Schöner Wohnen” nach Hamburg engagiert, da er „vor Begeisterung glühte und ein vitaler Querdenker war”, wie sich der erste Chefredakteur Hasso G. Stachow später erinnerte. Von da an wird die Design- und Medienmetropole Malys Heimat bleiben. „Die moderne Wohnnation Deutschland steckte in den Kinderschuhen”, erinnert er sich. „Es gab skandinavische Vorbilder, die Bauhaus-Ideen wurden wiederentdeckt, wir begannen zu experimentieren.” Als Innenarchitekt und exzellenter Zeichner konnte Maly neuen Ideen sofort Gestalt geben, „Peter Malys Skizzenbuch“ wurde zur festen Rubrik, als Chefinnenarchitekt prägte er zehn Jahre lang das moderne Bild vom Wohnen mit, bis zu den „Schöner Wohnen“ – Titelbildern. 1970 gründet der Gestalter dann sein eigenes Designstudio in Hamburg, das heute in Aumühle, Schleswig-Holstein, liegt.
Komponist elementarer Formen
Ein typischer Maly-Entwurf gilt als puristisch, manchmal sogar als streng. „Wie in der Musik von Bach soll die Komposition formal exakt, fast mathematisch und voller Harmonie sein,” berichtet er. Kreis und Quadrat, beides archetypische Formen, bieten ihm ein unerschöpfliches Thema, das er immer wieder neu variiert: bei einem Stuhl oder Tisch, für ein Sideboard oder einen Teppich. „Geometrische Ästhetik gegen visuellen Formenverschleiß” notiert die Fachwelt. Weniger Kenntnisreiche erfreuen sich schlicht an der Schönheit und Langlebigkeit seiner Entwürfe.
Selbst die Herausforderung, neue Klaviere für ein zeitgenössisches Interior Design zu gestalten, nahm Maly an: „Die Formensprache war vor hundert Jahren stehen geblieben, die Zeit für Reformen war gekommen.“ Wiederum spielt der Kreis eine Rolle: Der Designer entwickelt 1997 eine Linienführung mit angeschnittenen Radien, die dem Flügel „Vivace” von Sauter neue Leichtigkeit und Modernität verleihen. Noch weiter geht er beim Design des Flügels „Ambiente” (2006): mit einer parabelförmigen Silhouette für die Abdeckung, die den traditionellen S-Schwung ersetzt. „Wir haben eine neue Optik und Formensprache erzielt, eines aber blieb unangetastet: die Klangqualität.”
Architekt für Marken
Seit den 1980iger Jahren gehörten Markenarchitekturen bei den Möbelmessen in Köln oder Mailand zum großen Gesamtauftritt: „Eine ganzheitliche Herangehensweise in der Gestaltung eines Produktes führt fast automatisch zu seiner Inszenierung und Kommunikation.“ Ein Markenprodukt zu designen reiche nicht aus, um Menschen zu begeistern und neue Märkte zu erschließen. Konsequent entstehen aus der Zusammenarbeit mit Herstellern wie interlübke, COR oder Ligne Roset auch deren Messeauftritte, gefolgt von Flagshipstores in aller Welt. Auch die Automobilbranche profitiert von solchen Inszenierungen: Für Mercedes-Benz gestaltet Maly 1987 den Messestand zur IAA Frankfurt und 1988 zum Mondial de l’Automobile in Paris.
Weiter ohne Kompromisse
Bei aller Kreativität sieht Peter Maly sich nicht als Künstler. Ein guter Industriedesigner sei dem Hersteller, dem Produkt und seinen Anwendern verpflichtet. Jedes Erzeugnis müsse dabei einen klar definierten Nutzen erfüllen. Dieser Grundsatz ist sein Credo: „Gestalter wird man nicht zum Selbstzweck.“ Ökologische Fragen und die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung haben ihn von Anfang an bewegt. „Ich möchte erreichen, dass meine Arbeit nachhaltig und langlebig wirken kann.“ Etwaige Abstriche an die Qualität oder einen ästhetischen Kompromiss hat Maly deshalb nie gelten lassen: ein Alleinstellungsmerkmal, wie viele seiner Schöpfungen.