Hamburg Wahl 2011: Joachim Bischoff
Dr. Joachim Bischoff (66 Jahre alt) ist Ökonom, Publizist und Politiker. Er arbeitet als Lektor und Journalist. Seit 1974 lebt er in St.Georg. Für die Partei „die Linke“ ist er Kandidat im Wahlkreis 1 für die Bürgerschaft.
Als Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft seit 2008 ist er Fachsprecher für Haushalt, Finanzen, Sport und Stadtentwicklung.
Als einer von 8 Abgeordneten seiner Fraktion bewältigt er ein hohes Arbeitspensum. Auch politische Gegner bescheinigen der Linksfraktion eine „überraschende Professionalität“
HCZ: Herr Dr. Bischoff, wie sieht Ihre und die Arbeit Ihrer Fraktion in der Bürgerschaft aus? Was haben Sie erreicht? Ist Opposition wirklich alles?
JB: Durch unsere Oppositionsarbeit haben wir in den letzten Jahren zu einer größeren Transparenz beigetragen. Durch unsere Arbeit haben wir die Regierung gezwungen, Positionen zu begründen. Jetzt gibt es auch Untersuchungsausschüsse zur HSH-Nordbank und zur Elbphilharmonie. Bei einem Stimmenanteil von knapp 5% brauchen wir uns nicht über Regierungsarbeit zu unterhalten. Unser Anspruch ist es eine vernünftige Opposition zu betreiben.
HCZ: Als Fachsprecher für Haushalt und Finanzen haben Sie sich besonders mit der Haushaltslage der Stadt auseinandergesetzt. Die schwierige Haushaltslage Hamburgs führen Sie u.a. auf die massiven Steuersenkungen der hohen Einkommen und fordern einen verstärkten Steuervollzug. Reicht eine Änderung bei den Einnahmen aus? Müssen nicht auch die Ausgaben reduziert werden?
JB: Tatsächlich hat Hamburg ein strukturelles Finanzproblem. Insgesamt sind zu wenige Steuereinnahmen da. De Folge ist, dass weniger Steuereinnahmen schlechte Strassen erzeugen, schlechte Schulen nach sich ziehen, u.s.w..Wenn wir nicht genug Geld in die Hand nehmen, zerstören wir das vorhandene Vermögen. Es gibt viele sinnvolle Ideen, Ausgaben umzuschichten. Ole von Beust sagte, dass die Zeit der „nice to have-Projekte“ und der „kreativen Buchführung“ vorbei seien. Und trotzdem wird der Neubau der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) mit 200 Mio. Euro in Wilhelmsburg weiter betrieben. Die Hafenquerspange ist weiterhin geplant und die Verlagerung der Wilhelmsburger Reichstrasse ist in Arbeit. Diese Projekte brauchen wir nicht. Die Kosten für den Bau Elbphilharmonie werden sicher die 500 Mio. Euro Grenze erreichen. Allein der Betriebshaushalt für die Elbphilharmonie (Kapitalkosten und Facilitymanagement) werden um die 25 Mio. Euro im Jahr betragen. Und dann hat dort noch kein einziges Konzert stattgefunden….
HCZ: Und wie wollen Sie die Einnahmen erhöhen?
JB: Der Steuervollzug in Hamburg ist viel zu lasch. Bei 650 Selbstanzeigen im Zuge der Steuer-CDs aus der Schweiz haben wir 50 Mio.Euro Steuermehreinnahmen gehabt. Die Steuerfahndung hat weitere 60 Mio. Euro „erwirtschaftet“. Daraus lassen sich viele KITA-Plätze finanzieren. Und trotzdem wurden nur 5 % der Millionäre in Hamburg geprüft. Jetzt wurden bei der Finanzbehörde 6 zusätzliche Fachkräfte eingestellt. Im Schnitt erhält Hamburg je Steuerprüfer 1 Mio. Euro mehr Steuern.
Darüber hinaus setzen wir uns auf Bundesebene für eine Erhöhung der Einkommenssteuersätze ein und befürworten die Wiedereinführung der Vermögenssteuer.
HCZ: Dr. Bischoff, die Bewohner und Geschäftsleute in der HafenCity kritisieren, dass es kein abgestimmtes Verkehrskonzept für die Innenstadt gibt. Fehlende Verkehrsplanung und verwirrende Zuständigkeiten lassen befürchten, dass der Betrieb der Elbphiharmonie erhebliche Verkehrsprobleme nach sich ziehen wird. Welche Vorschläge haben Sie dazu?
JB: Es ist nicht nur der Bau der Elbphilharmonie, der die Situation verschärft. Es werden auch die Zollzäune fallen. Die Bewohner der HafenCity und die Wilhelmsburger werden davon besonders betroffen sein. Es gibt in Hamburg kein Gesamtmobilitätskonzept. Deswegen gibt es keine Grundlage vernünftige Forderungen und Prioritäten zu erarbeiten. Der Bau der U 4 hat andere Pläne gestoppt. Die Bundeszuschüsse fließen nicht unendlich, andere Projekte mussten vertagt werden.