Harbour Front 1: Lisa Fitz und ihr wildes Leben
Vom bösen Mädchen, von Sex und Franz Josef Strauß
Wer meinte, bei einer Lesung mit Deutschlands Kabarett-Ikone Lisa Fitz müsste man die ganze Zeit vor Lachen unter dem Tisch liegen, wurde eines Besseren belehrt. Die Mitte September 60 Jahre alt gewordene Powerfrau mit über dreißigjähriger Bühnenpräsenz hat mit ihrem Buch „Der lange Weg zum Ungehorsam“ eine Autobiografie geschrieben, die oftmals zwar munter und witzig ist, ab und zu aber auch gefühlvoll unter die Haut geht. Am Donnerstag, dem 22. September, las sie im Theater Kehrwieder aus ihrem jüngsten Buch, und besonders die Schilderung der beginnenden Demenz der Mutter und der Verkauf des Elternhauses gehen zu Herzen und hat manch’ Zuhörer zu Tränen gerührt.
Mehr zum Brüllen komisch ist die Schilderung des Services in einem angeblichen Drei-Sterne-Hotel in einem nicht näher genannten Kaff. Von Putzfrauen, die morgens um acht das Zimmer aufräumen und dafür die Gardinen aufreißen, obwohl Lisa Fitz noch schläft, bis zu muffligen Hotelangestellten, denen der Null-Bock-Service schon auf die Stirn geschrieben steht.
Auf rund 400 Seiten hat die überzeugte Feministin nicht nur ihren Alltag beobachtet und aufgeschrieben, sondern auch ihre Männer-, Drogen- und Sauf-Karriere beschrieben. Schließlich ist Lisa Fitz eine Frau der Make-Love-Not-War-Generation – und hat dies wörtlich genommen. So kommt an diesem Abend natürlich auch die Begegnung mit Franz Josef Strauß auf die Bühne. Der 1988 verstorbene Bayrische Ministerpräsident hatte die damals Mitte 20-Jährige sehr eindeutig angebaggert, und noch heute fragt sich Lisa Fitz, was wäre, wenn ich dem nachgegeben hätte: bayerische Königin, abgelegte Geliebte, vermögende Ehefrau?
Auf ihr diesjähriges Engagement als Rosalie bei den Segeberger Karl-May-Festspielen angesprochen, meint sie, dass es körperlich anstrengende Schauspielerei gewesen sei, bei der sie viel gelernt habe, aber am schönsten war es, zwei Mal täglich von Erol Sander gerettet zu werden. Wer hätte da nicht gern getauscht …
Der Abend endete um 21:24 Uhr, bis dahin hatte das Publikum mucksmäuschenstill den lebhaft vorgetragenen Worten gelauscht. Mit großem Beifall verabschiedeten die rund 300 Zuhörer die starke Frau mit dem turbulenten Leben. Nun ist sie jüngst 60 Jahre alt und die HafenCity Zeitung gratuliert nachträglich zum Geburtstag!
Lisa Fitz hat mit ihrem Buch ein Stück Zeitgeschichte eingefangen. Es erzählt von der Münchner Künstlerfamilie Fitz – Vater, Mutter, Opa, Oma waren seinerzeit gefeierte Schauspieler und Sänger –, von ihrem Weg auf die Bühne – „Lisa, was willst Du einmal werden?“ Antwort mit fünf Jahren: „Kasperl“ –, ihren Zu- und Abneigungen – „Ich mag keine Germanys-Next-Top-Trottel“ – und provoziert Frauen und Männer zum Beispiel mit „Männer lieben starke Frauen, die schwachen heiraten sie nur“. Ihr Buch ist jetzt erschienen im Heyne-Verlag, kostet 19,99 Euro und ist in jeder Buchhandlung erhältlich.