HARBOURFRONT: Beziehungskulturgeschichten
Karasek im Internationalen Maritimen Museum
Nächste Station im „Blind Date“ des Harbourfront-Festivals mit Veranstaltungsorten in der HafenCity und Speicherstadt: Das Foyer des Internationalen Maritimen Museums mit einer der Ikonen deutschen Kulturschaffens – Hellmuth Karasek und sein neues Buch „Ihr tausendfaches Weh und Ach“ moderiert von Stella Jürgensen. Hier, wie auch eigentlich an allen anderen Orten des Festivals, ausverkauftes Haus und laut Festivalleitung sogar ausgezeichnet überausverkauft. Das Festival muss ein voller Erfolg sein. Man kennt Karasek als pointierten Plauderer und sicherlich hätte er auch ohne die Grundlage eines neuen Buches über 90 Minuten aus dem Stegreif unterhaltsam über das Thema Männer und Beziehungen vortragen können.
Hellmuth Karasek wusste was sein Publikum von ihm erwartet. Nicht Brachialhumor sondern feine Anspielungen, bei denen nur ab und an dem Publikum auf die Sprünge geholfen wird. „Schreibst du ein Buch über Hüftleiden?“ fragte Karaseks Frau anlässlich des Titels seines neuen Buches und man hätte mit einem anderen von Ernst Jandl entliehenem Zitat dieses Abends antworten können: „Phallus klebt Allus“. Ein Streifzug durch die Kulturgeschichte der Beziehungen in Zitaten wurde dieser Abend, angetan um mehr zu lesen und um einmal näher zwei zeitlich entfernte aber doch sehr ähnliche Helden von Karaseks Bonmots zu betrachten: Billy Wilder und Johann Nepomuk Nestroy. Nestroys Beziehungsgeschichten beherrschten die erste Hälfte der Lesung, immer abseits des Buches, genau wie Wilder zu Ende die Ausflüge abseits des Textes dominierte.
Abseits davon gab es Witze zu hören: „Kinovorstellung kurz nach Beginn der Vorstellung – Frau empört in den dunklen Raum – Nehmen Sie ihre Hände weg ! Nicht Sie!“ um die Ungerechtigkeit der Natur gegenüber Beta-Männchen zu verdeutlichen und die Doppelmoral der Gesellschaft um die vorletzte Jahrhundertwende mit „Frauen haben es gut – Sie rauchen nicht, sie trinken nicht und Frauen sind sie selber“ zu verdeutlichen. Gewürzt einem komplett zitierten „Hänsschen klein“ das erst durch die richtige Betonung die Beziehung des Mannes zu seiner Mutter verdeutlicht.
Billy Wilder kommt noch zu mehr Ehren: „Am Himmelsportal steht eine endlose Schlange Männer und begehrt Einlass, Mann um Mann wird geprüft, dann sieht man wie Jubel sich fortpflanzt – als es näherkommt hört man was die Männer rufen: Sex does not count!“. An dieser Stelle noch mehr erzählte Witze zu zitieren würde den Schwerpunkt des Abends zu sehr entstellen, schließlich galt es doch ein Buch vorzustellen, das den beziehungsmäßigen Werdegang eines jungen Mannes in den fünfziger Jahren behandelt. Karasek erfüllt damit aber die Erwartungen die seines Publikums und macht damit den Abend kurzweilig und lässt sein Buch im Herbst auf den Bestsellerlisten erwarten.