Harbourfront: Entsetzen
Karin Slaughter in der Katharinenkirche
Es ist still und dunkel in der mit Kerzen erleuchteten Kirche, gedämpft hört man den Regen, der draußen eingesetzt hat. Es sind sehr viele Zuhörer gekommen, die in der Kühle des Kirchenschiffs auf Karin Slaughter warten. Karin Slaughter kommt – zusammen mit Nina Petri, die schon ihre Hörbücher auf deutsch eingelesen hat, und Regula Venske, die durch den Abend führen wird. Die 3 Damen tragen schwarze Blazer und werden auch sonst ein sehr gutes Team abgeben. Wovor Karin Slaughter Angst habe, zitiert Regula Venske die Schriftstellerin, die Angst davor hat, dass die Zuhörer erfahren, wovor sie Angst habe und dieses dann in ihre nächste Lesung mitbringen. Also erfahren wir nicht, was Karin Slaughter das Fürchten lehrt. Und was gibt es als Ausrede, heute nicht der Lesung mit der Autorin und Nina Petri beizuwohnen? Der Tatort, der zur gleichen Zeit im TV läuft – und Nina Petri spielt dort mit.
Nach dieser amüsanten Einleitung wird es dann wirklich gruselig. Karin Slaughter startet und liest mit amerikanischem Akzent und passend monotoner Stimme aus ihrem Buch „Entsetzen“. Ein Mädchen wurde ermordet, die vermeintliche Mutter findet sie tot in ihrem Zimmer zusammen mit dem vermeintlichen Mörder. Detailliert wird geschildert, wie sie den Mann in ihrer Verzweiflung mit bloßen Händen umbringt. Der Vater, und später auch Special Agent Will Trent treffen ein, und es stellt sich heraus, dass es nicht die eigene 17-jährige Tochter ist, die unkenntlich verstümmelt im Zimmer liegt, sondern deren Freundin. Und das der vermeintliche Mörder nicht der Mörder ist. Die Tochter ist gekidnappt und in den Händen des wirklichen Mörders. Eine spannende Story, die die kleinsten Details des Mordes und die (erotischen und gestörten) Beziehungen der Protagonisten und die Verzweiflung schildern.
Nina Petri und Karin Slaughter lesen abwechselnd, Regula Venske fasst zwischendurch zusammen und lässt den Zuhörer den roten Faden nicht verlieren. Wir dürfen aber nach soviel Grusel noch einmal schmunzeln: Karin Slaughter erzählt, dass sie Briefe ihrer holländischen Fans bekommen hat, die in Atlanta die Originalschauplätze ihrer Krimis aufsuchten – und zum Teil feststellen mussten, dass nicht alle in der Realität existieren. Ist sie gläubig? Nein. Ihre Eltern wurden nach ihrer Scheidung aus der Kirche ausgeschlossen. So freuen wir uns, dass St. Katharinen so liberal ist, eine nicht-religiöse Krimi-Autorin lesen zu lassen und auch keine Berührungsängste mit der ausführlichen Schilderung von Morden und Erotik hat.
Fazit: eine tolle und spannende Lesung in einer perfekten Location!